KNUT MELLENTHIN

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Schwere Kämpfe in Mogadischu

UNO diskutiert über Einsatz einer "Friedenstruppe"

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am Mittwochabend mit einer einstimmig angenommenen Resolution die Aufstellung einer 8.000 Mann starken, ausschließlich afrikanischen "Friedenstruppe" für Somalia, AMISOM, begrüßt. Die Resolution steht im Rahmen des Kapitels VII der UN-Charta, das die Anwendung militärischer Zwangsmaßnahmen erlaubt. Erstmals ist davon die Rede, die Entsendung einer auch von nicht-afrikanischen Staaten getragenen UN-"Friedenstruppe" nach Somalia zu prüfen.

Vorausgegangen waren am Dienstag in Mogadischu die schwersten Kämpfe seit dem Einmarsch äthiopischer Truppen in die somalische Hauptstadt am 28. Dezember. Unbekannte hatten Kasernen und Stellungen der Äthiopier und der von ihnen unterstützten Milizen der "Übergangsregierung" mit Mörsern beschossen. Diese hatten mit ungezieltem Panzer- und Artilleriefeuer auf Wohngegenden reagiert. Mindestens 18 Tote, ausschließlich Zivilisten, und Dutzende von Verletzten wurden in den völlig überforderten Krankenhäusern registriert. Die somalischen Mediziner gehen davon aus, dass die wirkliche Zahl der Opfer weit höher liegt. Seit dem Einmarsch der Äthiopier sind allein in Mogadischu über 50 Menschen bei Überfällen und Gefechten ums Leben gekommen. Den Besatzungssoldaten aus dem christlich reagierten Nachbarland Äthiopien werden willkürliche Übergriffe gegen die moslemische Bevölkerung vorgeworfen. Nach den Schusswechseln am Wochenanfang haben Hunderte von Bewohnern fluchtartig ihre Häuser verlassen.

Die jetzt angenommene UN-Resolution ersetzt einen Beschluss, der am 6. Dezember, also noch vor der Besetzung Somalias durch äthiopische Truppen, vom Sicherheitsrat verabschiedet wurde. Damals wurde Mogadischu noch von der UIC (Union der Islamischen Gerichte) kontrolliert, die inzwischen den bewaffneten Widerstand aus dem Untergrund aufgenommen hat. Dementsprechend legte die vorangegangene Resolution des Sicherheitsrats erheblichen Wert auf die Unterstützung von Verhandlungen zwischen UIC und "Übergangsregierung". Der neue Beschluss hingegen spricht zwar auch noch unkonkret von "nationaler Versöhnung", unterstützt aber völlig einseitig die "Übergangsregierung", die einen Dialog mit der UIC ablehnt.

Ansonsten sind die Rahmenbedingungen der AMISOM weitgehend gleichgeblieben: 8.000 Mann mit einem Mandat für zunächst sechs Monate. Ungesichert ist nach wie vor die Finanzierung von AMISOM. Die Resolution des Sicherheitsrats enthält nur einen unverbindlichen Appell an alle UNO-Mitglieder, AMISOM zu unterstützen.

Als einziges Land hat bisher Uganda eine feste Zusage gegeben, demnächst 1.500 Soldaten zu entsenden. Sie sollen ausschließlich in Mogadischu eingesetzt werden. Die zunächst für das vergangene Wochenende angekündigte Ankunft der ersten Vorausabteilung verzögert sich aber ohne Angabe von Gründen und eines neuen Termins.

Außerdem gibt es Zusagen aus Nigeria, Burundi, Ghana und Malawi, sich an AMISOM zu beteiligen. Burundi hat am Mittwoch angekündigt, das eine kleine Vorausabteilung am Freitag in Somalia eintreffen soll. Nigeria stellt die Entsendung von 850 Soldaten Mitte April in Aussicht. Heraus kommen aber zusammen bestenfalls 4.000 Mann, also nur die Hälfte der angestrebten Truppenzahl, die von Experten ohnehin für viel zu niedrig gehalten wird.

Der Sicherheitsrat hat deshalb Generalsekretär Ban Ki-moon beauftragt, die Möglichkeit der Ablösung von AMISOM durch eine breitere UNO-"Friedenstruppe" mit außerafrikanischer Beteiligung zu prüfen. In 60 Tagen soll er dazu einen Bericht mit Empfehlungen vorlegen. Der Einsatz einer solchen Truppe in Somalia hatte 1995 mit einem totalen Fiasko und dem hastigen Abzug der Blauhelm-Soldaten geendet.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 22. Februar 2007

Überblick über die UNO-Missionen in Somalia 1992-1995