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Ist denn schon Weihnachten?
Israelische Rechte wehrt sich heftig gegen riesiges Geschenkpaket aus Washington
Das Tauziehen um die Geschenke, die Israel von der US-Regierung für eine 90-tägige Verlängerung des ohnehin nur beschränkten Baustopps in den besetzten Gebieten erhalten soll, geht weiter. Die Rede ist von 20 modernsten Kampfflugzeugen im Wert von 3 Milliarden Dollar, aber auch von einem Füllhorn politischer Zugeständnisse. Zu diesen soll Washingtons Versprechen zählen, alle für Israel unangenehmen Resolutionen im UN-Sicherheitsrat durch sein Veto zu blockieren. Dazu würden Diskussionen über Israels Atomwaffen-Arsenal ebenso gehören wie Versuche der Palästinenser, einen Staat ohne israelische Zustimmung auszurufen.
All das und noch viel mehr soll Israel für einen löchrigen Bau-“Freeze“ von drei Monaten erhalten, der Ostjerusalem von vornherein ausklammert und den die Netanjahu-Regierung ganz locker aussitzen könnte, ohne sich einen Zentimeter bewegen zu müssen. Hinzu kommt das Versprechen Washingtons, nach Ablauf der 90 Tage keinen weiteren Baustopp mehr zu fordern. Diese Zusage liege sogar schon schriftlich vor, behauptete Israels Nationaler Sicherheitsberater Uzi Arad am Sonnabend im Fernsehen.
Trotzdem sieht sich Netanjahu wegen seiner Verhandlungen über den Lohn für ein paar letztlich bedeutungslose Tage „Freeze“ schärfsten Angriffen aus seiner eigenen Likud-Partei und von noch weiter rechts stehenden Kräften ausgesetzt. Kommentatoren der größten israelischen Tageszeitungen schwanken lediglich, ob sie den Premier mit einem Bordellchef oder lieber mit einer Prostituierten gleichsetzen sollen. Ob der extremistische Radau wirklich völlige politische Verbohrtheit ausdrückt oder ob er nur dazu verhelfen soll, den von den USA zu zahlenden Preis noch mehr in die Höhe zu treiben, ist nicht klar auszumachen.
Alles begann am 29. September. Drei Tage vorher war ein zehnmonatiger „Freeze“ zu Ende gegangen und die palästinensische Seite hatte daraufhin die seit dem 2. September geführten Gespräche beendet. Nun berichtete der neokonservative Publizist David Makovsky, dass US-Präsident Barack Obama in einem Brief an Netanjahu für einen nochmaligen Baustopp von nur zwei Monaten – erst später wurden daraus 90 Tage - ein riesiges Geschenkpaket in Aussicht gestellt habe. Dazu sollte unter anderem auch das amerikanische Einverständnis gehören, das gesamte Jordantal langfristig unter israelischer Besatzung zu belassen. Makovsky, dessen Text auf der Website einer zur Pro-Israel-Lobby gehörenden Einrichtung erschien, hat beste Beziehungen zu Obamas Nahost-Berater Dennis Ross. Das Dementi aus dem Weißen Haus – es gebe keinen Brief an Netanjahu und ansonsten wolle man heikle diplomatische Fragen nicht kommentieren – fiel denn auch denkbar schwächlich aus.
Seither jagen sich die Gerüchte und Spekulationen. Noch am Sonntag soll Netanjahu jedoch vor Abgeordneten des Likud erklärt haben, es liege ihm bisher keine schriftliche Gesamtliste der amerikanischen Angebote vor. So lange das nicht der Fall sei, werde er seinem Kabinett auch keinen neuen Baustopp vorschlagen. Zünglein an der Waage wären im Fall einer Abstimmung die zwei Minister der ultra-orthodoxen Schas-Partei. Angeblich sollen sie mit Bauprojekten in orthodoxen Wohngegenden und Siedlungen gleich nach Ende eines neuen „Freeze“ geködert werden.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 23. November 2010