KNUT MELLENTHIN

Funktionen für die Darstellung

Darstellung:

Seitenpfad

USA wollen Auslandsinvestitionen im Iran "auf Null bringen"

Wenn es gegen Iran geht, sind sich Abgeordnete und Senatoren beider Häuser des US-amerikanischen Kongresses einig. Nahezu einstimmig verabschieden Demokraten und Republikaner Beschlüsse, die so scharf sind, dass sie selbst Präsident George W. Bush in Verlegenheit bringen.

Das Abgeordnetenhaus mochte nicht in die Sommerpause gehen, ohne am 31. Juli noch ganz schnell mit 408 gegen sechs Stimmen den Iran Sanctions Enabling Act abzusegnen. Der Senat wird sich jedoch erst nach der Sommerpause mit dem Entwurf befassen.

Kernstück des Gesetzes ist die Unterstützung und Absicherung der sogenannten Divestment-Kampagne, die schon vor einigen Jahren von neokonservativen Institutionen, der pro-Israel-Lobby und einigen wichtigen jüdischen Organisationen in Gang gebracht wurde. Ziel der Kampagne ist, wie der demokratische Abgeordnete Tom Lantos sagt, die ausländischen Investitionen im Iran, vor allem in die iranische Öl- und Erdgasproduktion, "auf Null" zu bringen. Der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses schätzt, dass ausländische Firmen seit 1999 rund 100 Milliarden Dollar in die iranische Energiewirtschaft investiert haben.

Um sich dem von Lantos genannten Ziel zu nähern, ist Druck auf die Investoren nötig. Mehrere Bundesstaaten der USA haben deshalb Gesetze beschlossen, die die Rentenfonds verpflichten, keine Aktien von Unternehmen zu halten, die im Jahr mehr als 20 Millionen Dollar (14,6 Millionen Euro) in Irans Energiesektor investieren. Es wurde der infame Begriff "terrorfrei" erfunden für Fonds, die garantiert keine Aktien ausländischer Unternehmen mit  Geschäftsbeziehungen zu "Schurkenstaaten" halten.

Den Anfang mit der Investment-Gesetzgebung machte vor einiger Zeit Florida. Seither wurden in Kalifornien, Michigan, Ohio, Louisiana und Pennsylvania ähnliche Gesetze verabschiedet oder auf den parlamentarischen Weg gebracht. In Texas, New Jersey und weiteren Bundesstaaten wird über ähnliche Bestimmungen diskutiert. Allein die Gesetzgebung in Florida könnte den Iran nach Schätzung des Demokraten Ted Deutch, der den Staat im Senat vertritt, ungefähr eine Milliarde Dollar kosten. Joel Anderson, republikanischer Abgeordneter des kalifornischen Parlaments, meint sogar, dass die Rentenfonds seines Staates Anteile im Wert von 24 Milliarden Dollar an ausländischen Unternehmen halten, die im Iran investiert haben.

Die bundesstaatliche, teilweise auch kommunale Gesetzgebung wirft aber eine Reihe von Problemen auf. Ein Gericht hat sie in einem bestimmten Fall für verfassungswidrig erklärt, weil sie in das Recht der Regierung eingreift, die Außenpolitik zu gestalten. Weitere ähnliche Verfahren sind anhängig. Außerdem gibt es Klagen Betroffener, die für ihre Fonds finanzielle Nachteile befürchten, wenn die Aktien ausländischer Großunternehmen abgestoßen werden.

Solche Lücken soll der jetzt im Abgeordnetenhaus verabschiedete Iran Sanctions Enabling Act schließen. Zum einen erhebt er das "Iran Divestment" zur verbindlichen Praxis der USA. Darüber hinaus befreit er ausdrücklich alle bundesstaatlichen und kommunalen Behörden von dem Risiko, wegen ihrer Divestment-Maßnahmen verklagt zu werden.

Im Kongress ist ein weiteres Gesetz in Vorbereitung, das die US-Regierung verpflichten soll, Sanktionen gegen alle ausländischen Unternehmen anzuordnen, die im Jahr mehr als 20 Millionen Dollar in die iranische Energiewirtschaft investieren. Ein Gesetz, das solche Sanktionen zulässt, ist schon seit 1996 in Kraft. Bis heute wurde es aber in keinem Fall angewendet. Der Kongress will jetzt den widerstrebenden Präsidenten zur Verhängung von Sanktionen zwingen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 9. August 2007