KNUT MELLENTHIN

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US-Regierung verstärkt Druck auf Pakistan

US-amerikanische Drohnen haben am Donnerstag und Freitag bei Angriffen auf Ziele in Pakistan insgesamt mindestens 30 Menschen getötet. Am Freitag trafen die US-Raketen unter anderem ein Zeltlager paschtunischer Nomaden, die zwischen Pakistan und Afghanistan hin- und herziehen, und einen Friedhof, auf dem gerade Opfer vom Vortag beigesetzt wurden.

Zuständig für die Drohnen-Angriffe ist zumindest nominell der Auslandsgeheimdienst CIA, der nicht dem Pentagon, sondern dem Außenministerium unterstellt ist. Die CIA gibt zu ihren Operationen grundsätzlich keinerlei Kommentar ab. Der Dienst spricht weder über den Zweck noch über die Folgen seiner Angriffe. Er bestätigt noch nicht einmal, dass sie stattgefunden haben.

Die Raketenschläge der letzten Tage richteten sich ausschließlich gegen Nordwasiristan, eine Verwaltungseinheit der sogenannten Stammesgebiete (FATA), die direkt der Zentralregierung in Islambad unterstellt sind. In den FATA gelten weder die Verfassung noch die Gesetze Pakistans. Dort können beispielsweise Kollektivstrafen gegen Großfamilien und Stämme verhängt werden, die nach internationalem Recht absolut illegal sind.

Seit dem 17. Oktober führen die pakistanischen Streitkräfte einen Feldzug in Südwasiristan und einigen anderen Gebieten der FATA. Die Bodenkämpfe sind mittlerweile wegen des Wintereinbruchs zum Stillstand gekommen. Das hat unter anderem zur Folge, dass über 200.000 Menschen, die vor den Kämpfen geflüchtet sind, in absehbarer Zeit nicht zurückkehren können.

Die US-Regierung setzt Pakistan schon seit Wochen immer stärker unter Druck, die Militäroperationen auch auf Nordwasiristan auszudehnen, das als Rückzugsgebiet afghanischer Taliban gilt. Die pakistanischen Streitkräfte haben diese Forderung bisher mit Hinweis auf ihre Überlastung durch die schon stattfindenden Operationen zurückgewiesen. Sie haben darüber hinaus mit einigen der dortigen Stammesführer Waffenstillstandsabkommen geschlossen, um nicht auf einem weiteren Kriegsschauplatz Kräfte binden zu müssen. Der offenkundige Zweck der US-amerikanischen Drohnen-Angriffe gegen Nordwasiristan besteht darin, den Bruch der Abkommen zu provozieren und damit das pakistanische Militär zu Offensivoperationen auch in diesem Gebiet zu zwingen.

Unterdessen hat sich der Streit zwischen Islamabad und Washington um die Einreise von mehreren hundert US-Bürgern nach Pakistan verschärft. Die USA behaupten, dass es sich um Diplomaten und Spezialisten handelt, die das Personal der Botschaft in Islamabad von 500 auf 800 verstärken und außerdem die Verwendung der zivilen US-Hilfe für Pakistan (1,5 Milliarden Dollar jährlich) kontrollieren sollen. Nach pakistanischer Ansicht sind aber viele der angeblichen Diplomaten und Helfer in Wirklichkeit Agenten der CIA und anderer Dienste sowie Angestellte zwielichtiger privater „Sicherheitsunternehmen“. Weit über hundert Anträge auf ein Einreisevisum liegen deshalb zur Zeit auf Eis. Einem Bericht der New York Times vom Donnerstag zufolge haben US-Regierungsbeamte jetzt damit gedroht, zivile und militärische Hilfsleistungen für Pakistan – wie etwa die Wartung von Kampfhubschraubern – zu unterbrechen, falls der Visa-Stau anhält.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 21. Dezember 2009