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US-Agent wieder unter Verdacht
Kopenhagen: Welche Rolle spielte David Headley in Sachen Jyllands-Posten?
War der US-amerikanische Agent David Headley in den angeblich geplanten Anschlag gegen die Kopenhagener Tageszeitung Jyllands-Posten verwickelt? Nach der Festnahme von zunächst fünf „Terrorverdächtigen“ wollte der Chef des dänischen Geheimdienstes PET, Jakob Scharf, diese Möglichkeit nicht ausschließen.
Drei Männer arabischer Herkunft waren am Mittwoch in Kopenhagen festgenommen worden, nachdem sie mit dem Auto aus Schweden eingereist waren. Ebenfalls in Gewahrsam genommen wurden ein schwedischer Staatsbürger tunesischer Abstammmung in Stockholm und ein Asylbewerber aus dem Irak in einem Vorort von Kopenhagen. Gegen vier von ihnen wurden am Donnerstag Haftbefehle erlassen. Der Iraker kam frei. Die Männer waren angeblich schon seit Monaten von den eng zusammenarbeitenden Geheimdiensten Dänemarks und Schwedens observiert worden.
Den vier Inhaftierten wird vorgeworfen, sie hätten das Pressehaus, in dem die Redaktionen der Jyllands-Posten und der eher liberalen Tageszeitung Politiken ihren Sitz haben, überfallen wollen. Angeblich sei ein „Blutbad im Mumbai-Stil“ geplant gewesen. In dieser indischen Stadt hatten zehn Bewaffnete im November 2008 über 160 Menschen getötet.
Angesichts der Tatsache, dass bei den Festnahmen und Hausdurchsuchungen nach letzten Meldungen nur eine einzige Maschinenpistole gefunden wurde, mutet der Vergleich mit dem Mumbai-Massaker nicht wirklich überzeugend an. Das verbindende Band zwischen den Ereignissen ist indessen jener David Headley, der jahrelang als Agent der US-amerikanischen Drogenbehörde DEA und möglicherweise auch der CIA gearbeitet hat. Headley, der seit Oktober 2009 in Haft ist, kundschaftete nach eigenem Eingeständnis bei mehreren Besuchen in der indischen Hafenstadt die Angriffsziele aus und filmte sie.
Aus seinen Aussagen geht außerdem hervor, dass er im Januar und Juli 2009 nach Kopenhagen und Aarhus reiste, um dort unter einem Vorwand die Büros der Jyllands-Posten aufzusuchen und Informationen für mögliche Anschläge zu sammeln. Daneben war er auch in Schweden und Großbritannien, um Teilnehmer dafür zu rekrutieren. Unter anderem war laut Headley geplant, mehrere Journalisten zu enthaupten und ihre Köpfe aus dem Fenster zu werfen. Die konservative, einwandererfeindliche Zeitung gilt als gefährdet, seit sie im September 2005 die „Mohammed-Karikaturen“ veröffentlichte.
Durch Artikel unabhängiger Journalisten in der Washington Post wurde vor wenigen Monaten bekannt, dass die amerikanische Bundespolizei FBI jahrelang die detaillierten Hinweise von mindestens fünf Personen auf Headleys enge Beziehungen zu pakistanischen Terroristen ignoriert hatte. Erst der britische Geheimdienst, der Headley im Zusammenhang mit dem geplanten Anschlag gegen die Jyllands-Posten auf die Spur gekommen war, veranlasste schließlich seine Festnahme auf dem Flughafen von Chicago.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 31. Dezember 2010