Funktionen für die Darstellung
Seitenpfad
Trump bricht Gespräch ab
Der neue US-Präsident will Zusage seines Vorgängers Obama an Australien nicht einhalten.
US-Präsident Donald Trump hat ein weiteres Beispiel seiner extravaganten Umgangsformen geliefert. Er brach ein Telefonat mit einem der engsten Partner der USA, dem konservativen australischen Regierungschef Malcom Turnbull, nach weniger als der Hälfte der geplanten Zeit verärgert ab. Zuvor hatte der Australier vergeblich versucht, Trumps Wutausbruch durch einen Themenwechsel zu entschärfen.
Das Gespräch fand schon am Sonnabend Washingtoner Zeit statt, wurde aber erst am Mittwoch bekannt. Der Ärger des US-Präsidenten hatte sich an Turnbulls Frage nach der Zukunft einer Zusage entzündet, die Trumps Vorgänger Barack Obama im November 2016 – fünf Tage nach der Präsidentenwahl – gegeben hatte: Die USA seien bereit, eine noch zu vereinbarende Zahl von Flüchtlingen aus Australiens Lagern auf der Pazifikinsel Nauru und der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus aufzunehmen.
Trump war auf dieses Thema offenbar nicht im Geringsten vorbereitet, obwohl der Sachverhalt seinerzeit von Allen US-Medien gemeldet worden war und man voraussehen konnte, dass Turnbull es als eines seiner brennendsten Anliegen zur Sprache bringen werde. Dass er sich um Fakten nicht kümmern müsse, weil er ein Naturgenie sei und alles besser wisse als die sogenannten Experten, gehört zu den Pfeilern von Trumps Selbstverständnis. Medienberichten zufolge blaffte er seinen australischen Gesprächspartner an, er versuche, künftige Bombenleger zu exportieren. „Ich will diese Leute nicht!“. Am späten Mittwoch twitterte er dann: „Kann man sich das vorstellen? Die Obama-Regierung hat zugestimmt, Australien Tausende illegale Einwanderer abzunehmen. Wieso? Ich werde mir diesen törichten Handel ansehen.“
Um „Tausende“ kann es unmöglich gehen, da Australien in den beiden Lagern zusammengerechnet weniger als 1.300 Menschen gefangen hält. Zur rigiden Abschreckung von Schutzsuchenden, die schon von der früheren australischen Labour-Regierung praktiziert wurde, gehört neben dem „Zurückschicken“ von Flüchtlingsbooten auch die Internierung festgenommener Flüchtlinge auf den beiden Inseln. Grundlage sind Miet- und Kooperationsverträge mit Nauru und Papua-Neuguinea.
Die Situation der Menschen in den Lagern, die von Personal privater „Sicherheitsfirmen“ bewacht werden, ist schon seit mehreren Jahren Gegenstand internationaler Proteste. Es geht dabei um körperliche, insbesondere auch sexuelle Aggressionen, Misshandlung von Kindern und Versorgungsmängel jeder Art. Die Regierung von Papua-Neuguinea hat schon im April 2016 aufgrund eines Gerichtsurteils mit Australien vereinbart, das Lager auf Manus zu schließen. Schritte zur Umsetzung gab es bisher jedoch nicht. Europäische Politiker, nicht nur von der extremen Rechten, fordern dennoch, sich am „australischen Modell“ zu orientieren.
Den naheliegenden Weg, das Lager auf Manus aufs australische Festland zu verlegen, will Turnbulls Regierung nicht gehen. Ihr Prinzip ist, grundsätzlich keine „illegalen“ Einwanderer ins Land zu lassen, um die Abschreckung zu maximieren. Die Zusage Obamas im vorigen November war möglicherweise Teil eines Tauschgeschäftes: Im September 2016 hatte die australische Regierung ihre Bereitschaft angekündigt, mittelamerikanische Flüchtlinge aus Lagern in Costa Rica aufzunehmen.
Trumps Ärger über den „törichten Handel“ hängt sicher auch damit zusammen, dass unter den auf Nauru und Manus Internierten zahlreiche Flüchtlinge und Einwanderungswillige aus dem Irak und Iran sein sollen. Der US-Präsident hatte am vorigen Freitag generell die Einreise von Bürgern dieser beiden Länder sowie aus Syrien, Libyen, Somalia, Sudan und Jemen verboten. Die zunächst auf 30 Tage befristete Sperre gilt nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle Reisenden aus diesen Ländern.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 3. Februar 2017