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Stuttgart soll Zentrale der US-Streitkräfte in Afrika werden
Die militärischen Operationen der USA auf dem afrikanischen Kontinent sollen künftig von einem eigenen Regionalkommando geleitet werden. Eine entsprechende Planung des Pentagon wurde am Dienstag von Präsident George W. Bush offiziell gebilligt. AFRICOM, wie die Abkürzung vermutlich lauten soll, wird das sechste Regionalkommando der amerikanischen Streitkräfte. Die jetzt bestehenden sind NORTHCOM (Nordamerika), SOUTHCOM (Mittel- und Südamerika), EUCOM (Europa, Russland und der größte Teil Afrikas), CENTCOM (Naher und Mittlerer Osten einschließlich Afghanistans und der zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken sowie Nordostafrika) und PACOM (Pazifik, einschließlich China).
Afrika ist bisher auf drei Regionalkommandos verteilt. Ägypten, Sudan, Äthiopien, Eritrea, Dschibuti, Somalia und Kenia unterstehen dem CENTCOM, Madagaskar und einige kleine ostafrikanische Inseln dem PACOM. Der Rest gehört zum Befehlsbereich des EUCOM, das sein Hauptquartier im schwäbischen Stuttgart hat. Es ist noch nicht bekannt, welchen Umfang das künftige afrikanische Regionalkommando haben soll. Nachrichtenagenturen zitierten am Mittwoch anonyme Insider-Quellen, wonach mit Ausnahme Ägyptens der gesamte Kontinent dem AFRICOM unterstellt werden soll.
Präsident Bush sagte am Dienstag, das neue Regionalkommando solle spätestens im September 2008 seine Arbeit aufnehmen. Ein Kommandeur wurde bisher noch nicht ernannt. Zumindest übergangsweise wird AFRICOM weiter von Stuttgart aus befehligt werden, wo ein von EUCOM getrenntes Hauptquartier eingerichtet werden soll. Eine Sprecherin der US-Streitkräfte in der baden-württembergischen Hauptstadt teilte mit, der Umzug in andere Räume habe schon in dieser Woche begonnen. Später solle das AFRICOM-Hauptquartier in einen afrikanischen Stützpunkt verlegt werden. "Aber das ist die Langzeit-Planung", sagte die Sprecherin. Deutschland wird also in den kommenden Jahren noch mehr zum Hinterland der weltweiten US-Militärstrategie und zur Kommandozentrale direkter Kriegführung.
Die US-Streitkräfte haben bisher nur einen einzigen Stützpunkt auf dem Kontinent: in Dschibuti, wo die Combined Joint Task Force of Africa mit 1.800 Marines und "Spezialkommando"-Soldaten stationiert ist. Darüber hinaus haben sich die USA in vielen afrikanischen Ländern Nutzungsrechte für vorhandene Stützpunkte gesichert. Als künftiges Hauptquartier für ein zu schaffendes neues Regionalkommando wurde schon im Mai 2002 die Errichtung eines riesigen US-Stützpunktes im westafrikanischen Inselstaat Sao Tome und Principe vorgeschlagen. Er soll auch Heimathafen eines neu zu schaffenden eigenen Flottenverbandes werden, der den Golf von Guinea und damit die Erdölausfuhr aus Nigeria kontrollieren würde. Der Vorschlag kam damals vom israelisch-amerikanischen Institute for Advanced Strategic & Political Studies, einer Einrichtung der Neokonservativen.
Was das Gebiet um den Golf von Guinea, von Liberia bis Angola, so interessant macht, ist vor allem sein Reichtum an Erdöl, der überwiegend erst in den letzten zehn Jahren entdeckt wurde. Nirgendwo auf der Welt werden derzeit so schnell so viele neue Vorkommen gefunden wie hier. Bis zu 16 Prozent des von den USA eingeführten Erdöls kommt aus dem Raum rund um den Golf von Guinea. Nach Schätzungen könnten es im Jahr 2015 oder 2020 um die 25 oder sogar 30 Prozent sein.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 8. Februar 2007
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