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Ein Schiff voll Waffen
US-Regierung greift in den somalischen Bürgerkrieg ein
Die US-Administration versorgt die somalische Übergangsregierung mit Waffen und Munition für den Bürgerkrieg gegen mehrere islamistische Organisationen. Das hat am Donnerstag der Sprecher des Außenministeriums, Ian Kelly, während einer routinemäßigen Pressekonferenz zugegeben. Zuvor hatten regionale Medien die Ankunft eines mit amerikanischen Waffen beladenen Schiffes im Hafen von Mogadischu gemeldet. Die Militärhilfe erfolge aufgrund eines dringenden Ersuchens der Übergangsregierung, sagte Kelly.
Die kontrolliert derzeit nur noch einige Bezirke von Mogadischu und wenige Orte im Rest des Landes. Seit Anfang Mai wird in der Hauptstadt heftig gekämpft, wobei die Herrschaft über strategisch wichtige Punkte immer wieder wechselt. Parlamentspräsident Scheikh Aden Mohamed Madobe hatte vor einer Woche alle Nachbarstaaten aufgerufen, innerhalb von 24 Stunden Truppen zu schicken, um der Regierung zur Hilfe zu kommen. Namentlich nannte er Kenia, Äthiopien und Dschibuti. Die äthiopische Regierung, die im Dezember 2006 zugunsten der Übergangsregierung militärisch interveniert hatte, aber ihre Truppen aufgrund des Erstarkens der Islamisten im Januar 2009 abziehen musste, will sich an einer neuen Unterstützungsaktion nur noch beteiligen, wenn sich dafür eine breite internationale Basis zusammenfindet. Die meisten Staaten, insbesondere auch die im UN-Sicherheitsrat maßgeblichen einschließlich der USA, beurteilen die Aussichten einer direkten Militärintervention aber immer noch skeptisch.
Im Versuch, die Übergangsregierung mit Waffen, Munition und Geld für weitere Waffenkäufe zu unterstützen, sieht die Obama-Administration offenbar derzeit die sinnvollste Option. Dazu gehört nach Ansicht westlicher Experten auch die Ausbildung und Beratung der Regierungstruppen, die sich in einem sehr schlechten Zustand befinden. In Verbindung mit der Landung des Waffenschiffs in Mogadischu meldeten die regionalen Medien auch, dass im NATO-Stützpunkt Dschibuti somalische Offiziere von amerikanischen Ausbildern trainiert werden. Dazu konnte oder wollte State-Department-Sprecher Kelly während der Pressekonferenz aber nicht Stellung nehmen, sondern berief sich auf Nichtwissen und verwies die Frager an das Pentagon. Auch über Art, Umfang und Geldwert der jüngsten Waffenlieferung behauptete Kelly keine Informationen zu haben.
Die neue US-Regierung hat allem Anschein nach bisher noch keine Strategie für den Umgang mit der komplizierten Situation in Somalia entwickelt. US-amerikanische Medien berichten jedoch, dass intensiv daran gearbeitet wird und dass in den vergangenen Wochen zahlreiche somalische Politiker, Warlords und Geschäftsleute nach Washington eingeladen wurden, um sich an den internen Debatten zu beteiligen.
In diesem Zusammenhang ist auch die Anhörung in einem Unterausschuss des Foreign Affairs Committee des amerikanischen Abgeordnetenhauses zu sehen, die am Donnerstag stattfand. Titel: „Aussichten für einen dauerhaften Frieden und für eine geschlossene Antwort auf Extremismus und Terrorismus“. Unter den geladenen Referenten war neben dem Außenminister der somalischen Übergangsregierung auch der Präsident der separatistischen Republik Puntland, die bisher von keinem Staat der Welt anerkannt ist und mit dieser Einladung eine erhebliche Aufwertung verbuchen konnte. Der Außenminister eines weiteren abtrünnigen Gebildes, Somaliland, war ebenfalls eingeladen worden, wurde aber in letzter Stunde ohne Begründung von der Teilnehmerliste gestrichen.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 27. Juni 2009