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"No ban, no wall, sanctuary for all!"
Proteste gegen Trumps Einreisesperre gegen Flüchtlinge und Muslime
Mehrere tausend US-Amerikaner haben am Sonntag gegen die über alle Flüchtlinge und die Bürger von sieben muslimischen Staaten verhängte Einreisesperre demonstriert. Schauplatz der Proteste waren insbesondere die Flughäfen in New York, Chicago und einigen anderen Großstädten. Insgesamt wurden dort 100 bis 200 Menschen festgehalten, denen die Einreise verweigert worden war. Eine Bundesrichterin verfügte am Sonnabend auf Antrag mehrerer Organisationen, dass keine Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden dürfen. Was mit den Festgehaltenen – mehrheitlich normale Reisende - geschehen soll, blieb jedoch in dem Urteil offen.
Der seit dem 20. Januar amtierende Präsident Donald Trump hatte am Freitag eine Anordnung unterzeichnet, die einen Katalog von zunächst zeitlich befristeten Einreisesperren gegen verschiedene Gruppen vorsieht. Der Titel des Dekrets zeigt bereits dessen rein propagandistische Zielsetzung an: „Protecting the Nation From Foreign Terrorist Entry Into the United States – Zum Schutz der Nation vorm Zugang ausländischer Terroristen zu den Vereinigten Staaten. In Wirklichkeit ist die Zahl der Terroranschläge in den USA sehr gering. Bei den Tätern handelt es sich durchweg um Menschen, die schon lange in den USA leben und deren Staatsbürgerschaft haben.
Die Hauptpunkte von Trumps Direktive: Erstens: Eine Aufnahmesperre von mindestens 120 Tagen gegen alle Flüchtlinge, ganz gleich, aus welchen Ländern sie kommen. Zweitens: Unbefristete und generelle Sperre gegen alle syrischen Flüchtlinge. Einzelne Ausnahmen sind möglich. Trump erläuterte am Sonnabend, dass dies für Syrer christlicher Konfession gelten könne. Drittens: Einreisesperre für mindestens 90 Tage gegen alle Bürger Irans, Iraks, Syriens, Jemens, Sudans, Libyens und Somalias. Das gilt auch für Personen, die bereits im Besitz eines gültigen Visums sind. Ob es auch auf Inhaber einer Greencard anzuwenden ist, die zum Aufenthalt in den USA berechtigt, blieb am Wochenende unklar. Tatsache ist, dass einige Menschen aus dieser Gruppe unter den Festgehaltenen waren. Viertens: Die Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen im Steuerjahr 2017 wird auf 50.000 festgelegt – nur halb so viel wie zuletzt unter Obama.
Neben den liberalen Organisationen der USA übten auch viele Politiker der Demokratischen Partei scharfe Kritik an Trumps Maßnahmen. Führende Abgeordnete und Senatoren der Republikaner, die sich früher gegen einen „Muslim-Bann“ ausgesprochen hatten, schwiegen jetzt oder begrüßten Trumps Erlass sogar. An ausländischen Regierungen äußerten sich unter anderem die deutsche und die französische kritisch. Kanadas Premier Justin Trudeau bot an, von den USA abgewiesene Flüchtlinge in seinem Land willkommen zu heißen.
Ebenfalls am Wochenende führte der neue US-Präsident Telefongespräche mit den Regierungschefs oder Staatsoberhäuptern Russlands, Australiens, Frankreichs, Deutschlands und Japans. Mit seinem Kollegen Wladimir Putin sprach Trump insbesondere über die Ukraine, Syrien, die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen und über Kooperationsmöglichkeiten im „Krieg gegen den Terror“. Im Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel betonten beide Seiten „die grundlegende Bedeutung“ der NATO und der transatlantischen Beziehungen. Während des Wahlkampfs hatte Trump die NATO mehrfach als „obsolet“ in Frage gestellt.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 30. Januar 2017