Funktionen für die Darstellung
Seitenpfad
Militärische Eskalation
Ausweitung der US-Operationen im Jemen geplant. Drohnen sollen verstärkt für gezielte Tötungen eingesetzt werden.
Die USA wollen ihre militärischen Operationen im Jemen ausweiten. Das berichtete am Montag das Wall Street Journal, das den Neokonservativen nahe steht und häufig als Sprachrohr für deren Wünsche agiert.
Dem Blatt zufolge wächst innerhalb des Militärs und der Regierung der USA die Unterstützung für Pläne, dem Auslandsgeheimdienst CIA mehr Kontrolle über die Aktivitäten in der südarabischen Republik einzuräumen. Unter anderem könnte das beinhalten, dass Spezialeinheiten der US-Streitkräfte, die „verdeckte“ Kommandoaktionen durchführen, formal dem Befehl der CIA unterstellt werden. Auch der verstärkte Einsatz von bewaffneten Drohnen für gezielte Tötungen werde in diesem Zusammenhang diskutiert, schrieb das Wall Street Journal.
Als zentraler Vorteil wird dabei die Möglichkeit gesehen, Operationen auch ohne ausdrückliche Zustimmung der jemenitischen Regierung durchzuführen. Da im Land eine starke Stimmung gegen den US-Imperialismus herrscht und das Regime auf die Unterstützung konservativer Stämme angewiesen ist, muss Präsident Ali Abdullah Saleh darauf bedacht sein, seine Kooperation mit den USA nicht allzu offensichtlich werden zu lassen. Während einer Ansprache zum Ramadan versicherte Saleh im August, sein Land akzeptiere keine ausländischen Truppen. Eine Unterstellung aller militärischen Aktivitäten der USA im Jemen unter das Kommando der CIA würde es dem Regime erleichtern, Nichtwissen vorzutäuschen.
Als weiteren Vorteil der angeblich geplanten Umstrukturierung nennt das Wall Street Journal den Umstand, dass Präsident Barack Obama dadurch besser zu einer einheitlichen Ausrichtung der Operationen in der Lage wäre. Außerdem lassen sich Aktivitäten, die formal der CIA unterstehen, auch vorm Kongress und vor der Öffentlichkeit der USA besser abschirmen.
Pentagon-Sprecher Bryan Whitman gab zu dem Pressebericht nur ein eingeschränktes Dementi ab: „Es gibt niemanden in einer Führungsposition innerhalb des Verteidigungsministeriums, der den in diesem Artikel dargestellten Vorschlag ernsthaft in Erwägung gezogen hat.“ - Das lässt andererseits vermuten, dass solche Pläne wirklich innerhalb des Ministeriums diskutiert werden. Whitman bestätigte darüber hinaus die Aussage des Wall Street Journal, dass die US-Regierung an einer „Neueinschätzung“ der Lage im Jemen und ihrer „militärischen Optionen“ arbeitet. Die jüngsten „Sicherheitsvorfälle“ - gemeint sind die angeblichen Paketbomben – böten „eine Gelegenheit, zu überprüfen, ob es weitere Dinge gibt, die getan werden müssen, getan werden können“, sagte der Pentagon-Sprecher, ohne auf konkrete Einzelheiten einzugehen.
Indessen stellt die Affäre um die Paketbomben nur einen willkommenen Vorwand dar, um der Öffentlichkeit eine Eskalation der US-Operationen im Jemen besser verkaufen zu können. Dass eine solche Eskalation beabsichtigt sei, hatte die Washington Post schon am 24. August berichtet. Dem Blatt zufolge waren entsprechende Pläne in den vorausgegangenen Wochen vom Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus diskutiert worden. Nach Aussagen eines Teilnehmers sei es dabei allerdings nicht darum gegangen, die führende Rolle des Militärs bei den Operationen im Jemen durch die CIA zu ersetzen, sondern „was die richtige Mischung ist“.
Eines der erörterten Themen, so die Post, sei ein verstärkter Einsatz bewaffneter Drohnen gewesen. In Ländern, wo die USA nicht offiziell Krieg führen, ist dafür die CIA zuständig. Die USA haben in den vergangenen Monaten mehrmals Cruise Missiles gegen Ziele im Jemen eingesetzt, die aber nicht so präzis wie die Drohnen sind.
So weit bekannt sind derzeit 50 Offiziere US-amerikanischer Spezialeinheiten im Jemen stationiert, um dort „Antiterror-Einheiten“ auszubilden. Sie werden dabei von britischen Kollegen unterstützt. Das Regime erhält von den USA im laufenden Jahr 150 Millionen Dollar Militärhilfe, unter anderem für Hubschrauber.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 3. November 2010