KNUT MELLENTHIN

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Krieg? Nein danke!

US-Präsident Barack Obama hält an seinem Kriegsplan gegen Syrien fest. Er hat dabei nicht nur eine große Mehrheit seiner eigenen Bevölkerung gegen sich, sondern stößt auch im Kongress nur auf wenig Zustimmung. Seinen Außenminister John Kerry ließ er am Wochenende damit werben, dass die Zahl der Länder, die zur Beteiligung an militärischen Aktionen gegen Syrien bereit sei, „im zweistelligen Bereich“ liege. Das wären mindestens zehn. In Wirklichkeit hat aber neben der US-amerikanischen bisher nur die französische Regierung offen und ausdrücklich die Teilnahme ihrer Streitkräfte in Aussicht gestellt. 68 Prozent der Franzosen sind damit, einer Umfrage der konservativen Tageszeitung Le Figaro zufolge, nicht einverstanden. Ihr Anteil ist damit seit Anfang September schlagartig angestiegen. Bei Umfragen zwischen Februar 2012 und August 2013 hatte der Prozentsatz der französischen Interventionsgegner lediglich zwischen 41 und 49 Prozent gependelt.

In den USA selbst war zumindest in den letzten 22 Jahren kein geplanter Krieg so unpopulär wie dieser. Das ergibt sich aus einem Vergleich, den das Meinungsforschungsinstitut Gallup am Freitag veröffentlichte. Untersucht wird dort die Stimmung vor dem ersten Irak-Krieg (1991), dem Kosovo-Krieg (1999), dem Afghanistan-Krieg (2001) und dem zweiten Irak-Krieg (2003). Nach der jüngsten Gallup-Umfrage Anfang September sprachen sich 51 Prozent der US-Amerikaner dagegen aus, Syrien anzugreifen. Nur 36 Prozent waren dafür. Vor beiden Irak-Kriegen und vor dem Überfall auf Afghanistan hatte es große Mehrheiten für militärische Aktionen gegeben – am deutlichsten im Falle Afghanistans mit 82 gegen 14 Prozent. Das lag wesentlich an den Nachwirkungen des 11. September. Kurz vor dem zweiten Irak-Krieg lag die Zustimmung im Februar 2003 bei 59 gegen 37 Prozent. Nur der geplante Luftkrieg gegen Jugoslawien war im Februar 1999 mit 45 gegen 43 Prozent abgelehnt worden. Zu beachten ist jedoch, dass der Abstand zwischen Gegnern und Befürwortern militärischer Aktionen damals bei zwei Prozentpunkten lag, während es jetzt 15 Prozentpunkte sind.

Es gibt auch aktuelle Umfrage-Ergebnisse, die die Antikriegs-Stimmung in der US-Bevölkerung noch sehr viel stärker erscheinen lassen. Nach manchen Untersuchungen befürworten sogar nur 9 Prozent der Befragten einen Krieg gegen Syrien. Das liegt hauptsächlich wohl an unterschiedlichen Fragestellungen. Die Ablehnung ist am stärksten, wenn direkt nach einem „Regimewechsel“ in Damaskus als Kriegsziel gefragt wird. Kongressmitglieder, die über Tausende von Mails und anderen Botschaften zum Thema Syrien aus ihren Wahlkreisen berichten, sagen, dass weniger als 5 Prozent der Zusendungen militärische Aktionen fordern.

Nach der laufend aktualisierten Übersicht der Tageszeitung Washington Post hatten bis Sonnabendnacht (Ortszeit) erst 23 Senatoren erklärt, dass sie für eine Kriegsresolution stimmen wollen. Nötig wären mindestens 51 Stimmen. Im Allgemeinen geht man zur Vermeidung verfahrenstechnischer Tricks der Minderheit jedoch davon aus, dass die Zustimmung von 60 der 100 Senatoren gesichert sein sollte. Im Abgeordnetenhaus liegt die einfache Mehrheit bei 217. Bis Sonnabendnacht gab es nur 25 Abgeordnete, die mit Sicherheit zustimmen wollten. 111 hatten ihre Ablehnung angekündigt, und weitere 115 tendierten ebenfalls zu einem Nein. Die New York Times kam im selben  Zeitraum  auf 25 Befürworter im Senat und 40 im Abgeordnetenhaus.

Vor diesem Hintergrund wird damit gerechnet, dass der Senat frühestens am Mittwoch, vielleicht erst Ende der Woche abstimmen wird. Im Abgeordnetenhaus wird das Votum noch länger hinausgezögert, um Zeit für die gezielte individuelle Bearbeitung der Parlamentarier zu gewinnen. Eine Abstimmung ist frühestens in der nächsten Woche zu erwarten.

Obama will sich am Dienstag mit einer Rede „an die Nation“ wenden, um die Stimmung vielleicht doch noch herumzureißen. Die wichtigste Gruppe von Kriegsbefürwortern sind die Pro-Israel-Lobby AIPAC und die meisten großen jüdischen Organisationen. Sie haben für den heutigen Montag „Go-Ins“ in den Büros aller Kongress-Mitglieder angekündigt. 

Knut Mellenthin

9. September 2013