KNUT MELLENTHIN

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Kerry wird korrigiert

State Department widerspricht voreiligen Äußerungen des US-Außenministers über ein baldiges Ende der Drohnenangriffe gegen Pakistan.

Die US-Regierung denkt nicht daran, ihre Drohnenangriffe auf Ziele in Pakistan einzustellen. Mit dieser Klarstellung korrigierte eine Sprecherin des State Department am Freitag Außenminister John Kerry, der einen Tag zuvor das baldige Ende dieser widerrechtlichen Einsätze versprochen hatte. Im Gespräch mit einem pakistanischen Fernsehsender hatte Kerry seine Ankündigung damit begründet, dass die USA bereits „den größten Teil der Bedrohung“ - gemeint war: durch Al-Qaida - „beseitigt“ hätten. Auf die Frage, ob es für die Beendigung der Angriffe einen Zeitplan gebe, antwortete der Außenminister: „Ich glaube, der Präsident hat sehr reale zeitliche Vorstellungen, und wir hoffen, dass das sehr, sehr bald geschehen wird.“

Das klang konkret und bestimmt, als lasse Kerry bewusst ein bisschen Insiderwissen durchblicken. Vermutlich hatte er sich aber nur zu einer von Barack Obama nicht autorisierten Äußerung hinreißen lassen, um der Stimmung in Pakistan Rechnung zu tragen. Die Drohneneinsätze sind dort extrem unpopulär und das Ansehen der USA ist so schlecht wie in kaum einem anderen Land. Für einen persönlichen „Ausrutscher“ des Außenministers spricht auch die Tatsache, dass er kurz zuvor bei einer Pressekonferenz mit seinem pakistanischen Amtskollegen Sartaj Aziz um das Thema nur herumgeredet hatte und Nachfragen ausgewichen war.

Aziz hatte bei diesem gemeinsamen Auftritt die bekannte pakistanische Position bekräftigt, dass die Angriffe nicht nur die Souveränität seines Landes verletzen, sondern „auch kontraproduktiv“ seien, „da sie die gesamten Anstrengungen zur Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung untergraben“. Auf eine Journalistenfrage, ob er im Gespräch mit Kerry eine Beschränkung der Angriffe gefordert habe, antwortete Aziz: „Nein, wir verlangen ihre Beendigung, nicht nur ihre Beschränkung.“ Statt darauf einzugehen, hatte der US-Außenminister nur räsoniert, dass es in Wirklichkeit Al-Qaida sei, die die Souveränität Pakistans verletzte.

Nachdem Kerry anschließend im Fernsehen doch mehr gesagt hatte, als er offenbar durfte und vielleicht auch wollte, musste die stellvertretende Sprecherin des State Department, Marie Harf, am Freitag in der routinemäßigen Pressekonferenz des Ministeriums hart arbeiten, um die Dinge richtigzustellen. „Keinesfalls werden wir uns jemals eines Mittels berauben“, sagte Harf mit Bezug auf die Drohneneinsätze, „das uns bei der Bekämpfung einer Bedrohung hilft“. Zwar sei es generell das Ziel der USA, dahin zu kommen, dass Operationen zur Terrorbekämpfung nicht mehr erforderlich seien, weil die Gefahr nicht mehr vorhanden ist. „Aber niemand verhält sich naiv gegenüber der Tatsache, dass die Bedrohung immer noch existiert und dass wir den Kampf an diesem und anderen Orten überall auf der Welt weiterführen müssen.“ Einen Zeitplan für die Beendigung der Drohnenangriffe gebe es nicht, betonte Harf auf mehrfache Nachfragen ausdrücklich.

Nicht zu übersehen ist allerdings, dass die USA diese Attacken schon seit einiger Zeit deutlich reduziert haben. Nach einem Höhepunkt mit 122 Angriffen auf pakistanische Ziele in Obamas zweitem Amtsjahr 2010 sank ihre Zahl auf 73 in 2011 und 48 in 2012. Im laufenden Jahr waren es bisher „nur“ 17. Die letzte dieser Attacken fand wenige Tage vor Kerrys Besuch am vorigen Sonntag in Nordwasiristan statt. Getötet wurden mindestens acht nicht namentlich bekannte Männer, die sich anlässlich des Fastenmonats Ramadan gerade zu einem nächtlichen Iftar-Mahl versammelt hatten. Die US-Regierung gab für dieses heimtückische Massaker wie üblich weder eine Begründung noch einen Kommentar.  

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. August 2013