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Gates schimpft
US-Kriegsminister beklagt sich über Ablehnung seiner Selbsteinladung nach China und verteidigt Waffenlieferungen an Taiwan
US-Kriegsminister Robert Gates hat dem chinesischen Militär vorgeworfen, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu hintertreiben. Gates äußerte sich am Mittwoch in auffallend undiplomatischer Weise gegenüber Journalisten während eines Flugs nach Singapur, wo vom 4. bis 6. Juni eine regionale Sicherheitskonferenz stattfindet. Von chinesischer Seite gab es auf den offenbar beabsichtigten Affront bis zum Freitagnachmittag keinen Kommentar.
Was Gates den Journalisten genau erzählt hat, wird in den Medien leicht unterschiedlich wiedergegeben und zum Teil mit Interpretationen vermischt. Nach einem offenbar autorisierten Bericht auf der Website des Pentagon klagte der Minister, dass er eigentlich vorgehabt habe, im Anschluss an die Konferenz nach Peking weiterzufliegen. Schon seit Wochen habe es Gerüchte gegeben, dass die Chinesen seinen Besuch absagen wollten, aber erst jetzt sei der Bescheid gekommen, dass nicht der richtige Zeitpunkt für ein Treffen sei. Er sei „enttäuscht“, dass die militärische Führung Chinas anscheinend an guten Beziehungen zu den USA „deutlich weniger interessiert“ sei als die politische Führung des Landes.
Auf die Frage von mitfliegenden Journalisten, ob er glaube, dass die amerikanischen Waffenverkäufe an Taiwan Hintergrund der chinesischen Entscheidung seien, antwortete Gates, diese seien schließlich nichts Neues. „Diese Waffenverkäufe gehen zurück auf den Beginn unserer Beziehungen und waren eine der Bedingungen, die vom Kongress als Teil des Normalisierungsprozesses gestellt wurden.“ Laut CNN setzte Gates hinzu: „Es liegt bei den Chinesen, ob sie daraus eine große Sache machen wollen oder nicht.“
Der Minister vergaß bei seiner Darstellung jedoch das gemeinsame Kommunique der beiden Staaten vom 17. August 1982, also vor fast 28 Jahren. US-Präsident war damals Ronald Reagan; Gates war einer der höchsten CIA-Offiziere. In diesem Kommunique erklärte die amerikanische Seite, dass die Waffenlieferungen an Taiwan geschichtlich begründet seien. Die USA strebten nicht an, sie auf längere Sicht beizubehalten, sondern hätten die Absicht, sie im Laufe der Zeit schrittweise einzuschränken und schließlich zu beenden.
Gates besuchte China zuletzt Anfang November 2007. Damals war er Kriegsminister unter George W. Bush. Bei diesem Treffen wurden eine Reihe konkreter Vereinbarungen zur militärischen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern getroffen. Darunter ein gemeinsames Marine-Manöver und der Austausch junger Militärs in der Ausbildung. Kurze Zeit nach diesem Besuch gab die US-Regierung ihre Absicht bekannt, Taiwan mit Patriot-Luftabwehrraketen zu beliefern. Die offenbar überraschten Chinesen unterbrachen daraufhin die Zusammenarbeit mit den Streitkräften der USA.
Gates hat bei vielen Gelegenheit die chinesischen Verteidigungsausgaben – die nicht viel mehr als ein Zehntel der US-amerikanischen betragen – als zu hoch angegriffen. Im September 2009 warf er den chinesischen Streitkräften vor, sie strebten „die Fähigkeit“ an, „unsere Bewegungsfreiheit zu unterbrechen und unsere strategischen Optionen einzuschränken“. Gemeint waren die Gewässer rund um das chinesische Festland.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 5. Juni 2010