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Weitere Schlappe für Somalias "Übergangsregierung" (6.10.2006)
Weitere Schlappe für Somalias "Übergangsregierung"
36 Abgeordnete des somalischen "Übergangsparlaments" sind am Donnerstag in der Hauptstadt Mogadischu eingetroffen. Sie erklärten, dass sie künftig mit der UIC (Union der Islamischen Gerichte) zusammenarbeiten wollen. Das "Übergangsparlament" residiert, ebenso wie die "Übergangsregierung" in der Provinzstadt Baidoa. Beide Gremien sind nicht aus Wahlen hervorgegangen, sondern wurden vor zwei Jahren auf einer internationalen Konferenz in Kenia gebildet. Die "Übergangsregierung", deren tatsächliche Macht kaum noch über die Umgebung von Baidoa hinausreicht, wird bisher vom UNO-Sicherheitsrat und von der Afrikanischen Union, der Gemeinschaft aller Staaten des Kontinents, als legitim anerkannt.
Die 36 Abgeordneten wollen vorerst in Mogadischu bleiben. Ihre Entscheidung, Baidoa zu verlassen, begründeten sie mit der dortigen schlechten Sicherheitslage und mit der Kooperationsbereitschaft der UIC. Einige sprachen auch die Anwesenheit äthiopischer Truppen in Baidoa an. Zwischen dem moslemischen Somalia und dem christlich beherrschten Äthiopien besteht eine jahrzehntelange Feindschaft. Trotzdem arbeitet die "Übergangsregierung" eng mit dem Nachbarland zusammen, was auch in ihren eigenen Reihen umstritten ist.
Die islamisch-fundamentalistische UIC hat Anfang Juni eine Koalition von Warlords aus Mogadischu vertrieben, die vom US-Geheimdienst CIA finanziert und angeleitet worden war. Seither haben sich immer mehr Städte kampflos der UIC angeschlossen. Große Teile der Bevölkerung drohen den Islamisten am ehesten zu, in dem seit 1991 vom Bürgerkrieg gespaltenen und lahmgelegten ostafrikanischen Land wieder eine funktionierende staatliche Ordnung aufzubauen. Praktische Schritte wie die Wiederinbetriebnahme des seit 1995 still liegenden Hafens von Mogadischu haben das Ansehen der UIC auch im Ausland gestärkt. Auch der Flughafen der Hauptstadt kann erstmals seit einem Jahrzehnt wieder angeflogen werden.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 6. Oktober 2006