KNUT MELLENTHIN

Funktionen für die Darstellung

Darstellung:

Seitenpfad

Somalia: Weiter Ungewissheit um afrikanische "Stabilisierungstruppe"

Äthiopien hat am Mittwoch begonnen, seine Besatzungstruppen aus der somalischen Hauptstadt Mogadischu abzuziehen. Das kündigte ein äthiopischer General an. Ein BBC-Korrespondent bestätigte, dass 200 äthiopische Soldaten ihre Stellungen am Flughafen verlassen hätten. Vorausgegangen waren mehrere Angriffe auf die äthiopischen Truppen, die am 28. Dezember in die von der UIC (Union der Islamischen Gerichte) kampflos geräumte Stadt eingezogen waren. Wie lange es dauern soll, bis kein äthiopisches Militär mehr in Mogadischu stationiert ist, wurde nicht bekannt gegeben. Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi sprach lediglich von einem Abzug in drei Etappen.

Anstelle der abrückenden Äthiopier sollen nach Angaben des somalischen Innenministers Hussein Mohamed Farah Aidid "innerhalb einer Woche" Soldaten einer afrikanischen Friedenstruppe nach Mogadischu kommen. Auch dafür gibt es aber noch keinen konkreten Zeitplan. Fest zugesagt hat bisher nur die Regierung Ugandas, die zwischen 800 und 1.000 Mann schicken will. Als zweiter sicherer Entsende-Staat wird seit kurzem Malawi genannt; bis zu 1.000 Soldaten könnten angeblich von dort kommen. Nigeria, das angeblich vor Wochen schon definitiv bereit war, Truppen nach Somalia zu schicken, befindet sich offenbar immer noch im Entscheidungsprozess. Als weitere Staaten, die vielleicht zu der Friedenstruppe beitragen könnten, werden Südafrika, Ruanda, Libyen, Tansania, Angola und Kongo genannt.

Der UNO-Sicherheitsrat hatte am 6. Dezember einstimmig grünes Licht für die seit 2004 diskutierten Pläne einer afrikanischen "Stabilisierungstruppe" gegeben. Sie soll insgesamt 8.000 Mann umfassen. Unklar ist nicht nur, ob und wann diese Gesamtzahl erreichbar ist, sondern auch, ob sie wirklich ausreichend wäre, um die äthiopischen Besatzungstruppen abzulösen, die gut bewaffnet und mindestens 10.000 Mann stark sind.

Die Afrikanische Union hat in der vergangenen Woche die Entsendung einer 7.650 Mann starken Truppe nach Somalia beschlossen, ohne jedoch die wesentliche Frage beantworten zu können, welche Länder diese Soldaten bereitstellen werden. Vor allem aber hat die AU deren Einsatz auf zunächst sechs Monate befristet, verbunden mit der Forderung, dass dann eine auch von außerafrikanischen Ländern unterstützte UNO-Friedenstruppe zum Einsatz kommen müsse.

Die Europäische Union will für die Finanzierung der afrikanischen "Stabilisierungstruppe" 15 Millionen Euro bereit stellen. Damit könnten die Stationierungskosten für die ersten drei Monate gedeckt werden. Einflussreiche EU-Politiker wie Entwicklungskommissar Louis Michel wollen die Zahlung aber davon abhängig machen, dass die somalische "Übergangsregierung" zu einem breiten Dialog mit (fast) Allen gesellschaftlichen Kräften, einschließlich der gemäßigten Teile der UIC, bereit sein müsse. Diese auch von den USA unterstützte Forderung wird jedoch bisher von der "Übergangsregierung" ignoriert.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 24. Januar 2007