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UN-Sicherheitsrat baut internationale „Friedenstruppe“ in Somalia aus und ruft alle afrikanischen Staaten zur Beteiligung auf.
Die Internationalisierung des Bürgerkriegs in Somalia schreitet weiter voran. Der UN-Sicherheitsrat beschloss am Mittwoch einstimmig, die in dem nordostafrikanischen Land stationierte „Friedenstruppe“ AMISOM auf 17.731 Soldaten und Polizisten aufzustocken. Die bisherige Obergrenze beträgt 12.000 und wurde noch nicht einmal erreicht. Tatsächlich liegt die Stärke der aus Ugandern, Burundern und neuerdings auch einigen hundert Dschibutanern bestehenden Interventionsstreitmacht derzeit bei knapp 10.000 Mann. Der Sicherheitsrat rief alle afrikanischen Staaten auf, sich mit eigenen Soldaten an AMISOM zu beteiligen.
Das tut das Gremium allerdings ohne großen Erfolg schon seit Aufstellung der Truppe im Jahre 2007. Die jetzt angestrebte neue Personalzahl soll offenbar im Wesentlichen dadurch erreicht werden, dass die mehr als 5.000 kenianischen Soldaten, die seit Oktober vorigen Jahres in Südsomalia operieren, formal dem Oberbefehl von AMISOM unterstellt werden. Dazu müsste eigentlich das Mandat der „Friedenstruppe“, das immer noch ausschließlich auf die Hauptstadt Mogadischu beschränkt ist, erweitert werden. Der Sicherheitsrat scheint diesen Schritt jetzt aber mehr angedeutet als explizit formuliert zu haben, indem von einer „robusteren Anwendung“ des Kampfauftrags der Truppe die Rede ist. Schon seit einigen Wochen unternimmt AMISOM Offensivoperationen im sogenannten Afgooye-Korridor, der etwa 30 Kilometer westlich von Mogadischu liegt und nicht Teil des Mandatsgebiets ist.
Es wird damit gerechnet, dass durch die neue Beschlusslage die von der „internationalen Gemeinschaft“ zu tragenden Kosten für die AMISOM-Unterstützung von jährlich 250 Millionen Dollar auf ungefähr 550 Millionen steigen werden. Nicht in dieser Summe enthalten sind nach Angaben des britischen UN-Botschafters Mark Lyall Grant die Gehälter der Soldaten, für die die EU allein aufkommt.
Außerhalb von AMISOM bleiben vorläufig die äthiopischen Invasionstruppen, die seit Dezember vorigen Jahres in den grenznahen Gebieten Somalias auf dem Vormarsch sind. Sie besetzten Anfang dieser Woche die bisher von den Fundamentalisten der Al-Schabab kontrollierten Städte Baidoa und Berdale, nachdem sie schon im Januar Beledweyne in ihre Gewalt gebracht hatten. Das Regime in Addis Abeba hat zugesagt, die eroberten Gebiete zu einem späteren Zeitpunkt an AMISOM zu übergeben, doch ist die Einlösung dieses Versprechens ungewiss.
Auf einer groß aufgemachten, aber ergebnisarmen internationalen Somalia-Konferenz, die am Donnerstag in London stattfand, dankten die Vertreter der westlichen Allianz ausdrücklich Allen afrikanischen Staaten, die sich im Rahmen von AMISOM oder in anderer Form am Interventionskrieg in Somalia beteiligen. Die britische Tageszeitung Guardian meldete am Dienstag, dass Großbritannien und einige andere Staaten – genannt wurden USA, Frankreich und Niederlande – die Möglichkeit eines direkten Eingreifens mit eigenen Luftangriffen prüfen.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 25. Februar 2012