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AU will Intervention in Somalia verstärken
Der UN-Sicherheitsrat berät voraussichtlich am Mittwoch über die Forderungen. Neuer Streit in der somalischen Übergangsregierung.
Die Afrikanische Union hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, einer massiven Ausweitung der internationalen Streitkräfte zuzustimmen, die in Somalia gegen die islamistische Organisation Al-Schabab kämpfen. Das Gremium in New York wird sich mit den Anträgen der Dachorganisation aller Staaten des Kontinents voraussichtlich am Mittwoch dieser Woche beschäftigen. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-mun, hat schon erkennen lassen, dass er hinter den Forderungen der AU steht.
Einem am Sonnabend veröffentlichten Kommunique zufolge hat der Friedens- und Sicherheitsrat der AU, eine Art politischer Leitung der Organisation, am Donnerstag im Wesentlichen folgende Beschlüsse gefasst:
Erstens: Die genehmigte Obergrenze der afrikanischen „Friedensmission“ AMISOM, die seit dem Frühjahr 2007 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu stationiert ist, soll von 12.000 auf 17.700 Mann erhöht werden. Real ist die Truppe zur Zeit knapp 10.000 Mann stark. Sie besteht aus jeweils mehreren tausend Ugandern und Burundern, sowie seit wenigen Wochen auch aus einigen hundert Soldaten aus Dschibuti. Die neue Personalstärke von AMISOM soll in erster Linie dadurch erreicht werden, dass rund 5.000 kenianische Militärangehörige, die seit Oktober in Südsomalia operieren, formal der „Friedensmission“ unterstellt werden.
Zweitens: AMISOM-Soldaten sollen die in jüngster Zeit von äthiopischen Truppen besetzten Gebiete im zentralsomalischen Grenzbereich, einschließlich der Stadt Beledweyne, übernehmen. Angeblich hat die Regierung in Addis Abeba den Wunsch geäußert, ihre Streitkräfte möglichst schnell wieder aus Somalia abzuziehen.
Drittens: Um diese Umgruppierungen zu legalisieren, soll das bisher auf Mogadischu beschränkte Mandat von AMISOM auf „alle befreiten Gebiete“ Somalias ausgeweitet werden.
Viertens: Der UN-Sicherheitsrat wird dringend ersucht, den Beschlüssen der AU umgehend seinen Segen zu erteilen, „um die einmalige Chance zu nutzen“, die in den vergangenen Monaten durch die militärischen Erfolge der Interventionsstreitkräfte geschaffen worden sei, und die Bodengewinne zu konsolidieren. Ein entsprechender Beschluss des Sicherheitsrats soll in erster Linie dazu dienen, eine politische und rechtliche Grundlage für die internationale Unterstützung der erweiterten AMISOM zu schaffen. Im selben Sinne appelliert die AU auch an die Europäische Union, die maßgeblich an der Finanzierung der Militärintervention beteiligt ist.
Der Vorsitzende des Friedens- und Sicherheitsrats der AU, der Algerier Ramtane Lamamra, erklärte zu den jüngsten Beschlüssen, dass die gemeinsame Offensive der internationalen Streitkräfte auf dem Wege sei, Al-Schabab „systematisch zu zerstören“. Jetzt gehe es darum, Finanzmittel und militärische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, um durch einen entscheidenden Stoß bis zum August die Vernichtung der Islamisten zu erreichen.
Indessen hat sich in der zwar international anerkannten, aber nicht demokratisch legitimierten somalischen Übergangsregierung eine neue Konfrontation aufgebaut. Das Parlament hat seinem Sprecher Scharif Hassan Scheikh Aden das Misstrauen ausgesprochen und am vorigen Mittwoch einen Nachfolger gewählt. Dem bisherigen Sprecher wird unter anderem vorgeworfen, dass er sich seit Wochen geweigert habe, Parlamentssitzungen einzuberufen.
Präsident Scheikh Scharif Ahmed und Premierminister Abdiweli Gaas erklärten jedoch, dass sie Adens Abwahl nicht anerkennen, und drohten mit Strafmaßnahmen gegen die Abgeordneten. Sie wollen bis Juni durchsetzen, dass das Parlament von derzeit 550 auf nur noch 225 Mitglieder verkleinert wird. Zugleich sollen die im August fälligen, ohnehin schon mehrmals verschobenen Wahlen erst 2016 stattfinden.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 9. Januar 2012