KNUT MELLENTHIN

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Äthiopien schickt noch mehr Soldaten nach Somalia

Zusätzliche Truppen aus dem benachbarten Äthiopien sind nach Somalia eingedrungen. Das meldeten am Wochenende alle Nachrichtenagenturen aufgrund von Augenzeugenberichten aus der örtlichen somalischen Bevölkerung. Am Donnerstag wurden erstmals äthiopische Soldaten im Zentrum der grenznahen Provinzstadt Baidoa gesichtet, wo die sogenannte Übergangsregierung residiert. Am Sonnabend besetzten äthiopische Truppen einen Flughafen in Südwestsomalia und landeten Hubschrauber mit weiteren Soldaten. Ziel ist offenbar die Unterstützung der mit Äthiopien verbündeten Übergangsregierung gegen die islamischen Milizen der UIC, die seit Anfang Juni die Hauptstadt Mogadischu kontrollieren.

Die Baidoa-Regierung wurde vor zwei Jahren im benachbarten Kenia gebildet. Sie repräsentiert im Grunde niemanden, übt kaum Einfluss im Land aus, erfreut sich aber der Anerkennung durch die UNO und durch die Afrikanische Union (AU). Im Vertrauen auf äthiopische Waffenhilfe und in der Hoffnung auf eine internationale Militärintervention lehnt die Baidoa-Regierung Verhandlungen mit der UIC ab oder macht sie von unrealistischen Vorbedingungen - Entwaffnung der islamischen Milizen - abhängig. Ein vereinbartes Treffen, das am 15. Juli unter Vermittlung der Arabischen Liga in der sudanesischen Hauptstadt Khartum stattfinden sollte, ließ die Baidoa-Regierung kurzfristig platzen. Trotzdem hatten die Unterhändler der UIC bisher in Khartum ausgeharrt und auf das Erscheinen der Gegenseite gewartet. Am Sonnabend nun hat die UIC-Führung ihre Delegation unter Hinweis auf die Kollaboration der Baidoa-Regierung mit Äthiopien zurückgerufen. Mit "Verrätern" könne es keine Verhandlungen geben, so die Begründung.

Sowohl Äthiopien als auch Baidoa bestreiten, dass sich äthiopisches Militär auf somalischem Territorium befindet. Nachrichtenagenturen hatten allerdings schon vor zwei Wochen unter Berufung auf Berichte aus der Bevölkerung und auf westliche Diplomaten gemeldet, dass Äthiopien bis zu 4000 Soldaten ins Nachbarland geschickt habe.

Die UIC hat Äthiopien zum sofortigen Abzug seiner Truppen aufgefordert und zugleich die Bereitschaft zum Verteidigungskrieg gegen eine Aggression des christlichen Nachbarlandes erklärt.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 24, Juli 2006