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Barack Obama lässt Zivilisten in Afghanistan und Pakistan töten
Killing as usual: Der 44. Präsident der USA setzt die Kriegführung seines Vorgängers fort. Erstmals seit dem Amtsantritt von Barack Obama griffen am Freitag unbemannte US-amerikanische Kampfflugzeuge, sogenannte Drohnen, wieder Ziele in Nordwestpakistan an. Der erste Luftschlag richtete sich gegen ein Gebäude am Rand von Mir Ali in Nordwasiristan, der zweite zerstörte wenige Stunden später ein Haus bei Wana, dem Hauptort von Südwasiristan. Bisher wurden insgesamt 21 Tote gezählt. Unter den Getöteten in Mir Ali sollen sich vier oder fünf „Araber“ und vier Pakistaner aus einer anderen Region des Landes befunden haben. Das Haus bei Wana gehörte laut pakistanischen Medien und örtlichen Offiziellen einem regierungsfreundlichen Stammesältesten, der zusammen mit mehreren Familienangehörigen, darunter seine drei Söhne und ein fünfjähriges Enkelkind, ums Leben kam.
Die US-Regierung hat ihre illegalen Angriffe gegen Nordwestpakistan stark gesteigert, seit im vorigen Jahr eine demokratische Regierung gewählt wurde und Militärdiktator Pervez Muscharraf Mitte August seinen Rücktritt erklärte. Seither gab es rund 40 Drohnen-Angriffe, oft gegen mehrere Ziele gleichzeitig. Mindestens 150 Menschen, überwiegend Einheimische, darunter auch viele Kinder, wurden dabei getötet.
Barack Obama hatte schon im Wahlkampf angekündigt, dass er als Präsident diese Angriffe fortsetzen werde. Die pakistanische Regierung und die demokratischen Parteien des Landes hatten trotzdem darauf gehofft, dass der neue Mann im Weißen Haus diese von ihnen immer wieder entschieden abgelehnten Verletzungen der pakistanischen Souveränität überprüfen und ändern werde.
Pakistans Präsident Asif Ali Zardari, der Witwer der im Dezember 2007 bei einem Anschlag getöteten Benazir Bhutto, hat nach den jüngsten Militäraktionen an Obama appelliert, die „kontraproduktiven“ Raketenangriffe auf die sogenannten Stammesgebiete zu beenden. Im selben Sinn äußerten sich auch das pakistanische Außenministerium und führende Militärs.
Obama will den Schwerpunkt des US-amerikanischen „Kriegs gegen den Terror“ noch eindeutiger als sein Vorgänger nach Afghanistan und Pakistan verschieben, die jetzt schon „ein einheitlicher Kriegsschauplatz“ seien. Noch in der Amtszeit von Bush wurden Vorbereitungen getroffen, um bis zum Frühjahr 20.000 bis 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu verlegen. Das bedeutet annähernd eine Verdoppelung der dort stationierten amerikanischen Streitkräfte. Außerdem soll der Druck auf die anderen NATO-Staaten erhöht werden, ebenfalls ihre Kontingente aufzustocken. Die Verstärkungen sollen insbesondere dazu dienen, die weitgehend an die Aufständischen verlorene Umgebung der Hauptstadt Kabul wieder unter Kontrolle zu bringen. In diesem Zusammenhang wird mit verschärften Angriffen gegen die Bevölkerung und zunehmenden „Kollateralschäden“ gerechnet.
Die Kontinuität von George W. Bush zu Obama wurde auch durch eine amerikanische Militäroperation im Bezirk Mehtar Lam der ostafghanischen Provinz Laghman, nur 60 Kilometer von Kabul entfernt, deutlich. Während das US-Militär behauptet, 15 „Taliban-Kämpfer“ getötet zu haben, handelt es sich nach Angaben der örtlichen Bevölkerung bei den Opfern ausschließlich um Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Präsident Hamid Karsai protestierte und erklärte, derartige Vorfälle stärkten nur die „Terroristen“.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 26. Januar 2009