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Prima Klima in Nahost
Die Nahost-Friedensverhandlungen, die am 30. Oktober 1991 in Madrid begannen, sind in ihr zweites Jahr eingetreten, ohne daß irgendein praktisches Resultat zu verzeichnen oder wenigstens schon von fern in Sicht ist. Erheblich verbessert hat sich allerdings nach Auskunft aller Beteiligten das Klima. Maßgeblich dafür ist die Übernahme der israelischen Regierungsführung durch Jizchak Rabin von der sozialdemokratischen Arbeitspartei im Juli des Jahres.
Sein Vorgänger Schamir von der weit rechts angesiedelten Likud-Partei hatte die Verhandlungen nach eigenem Eingeständnis nur auf Zeitgewinn geführt. Ihm ging es explizit und offensichtlich nur darum, den "Friedensprozeß" endlos in die Länge zu ziehen, um mittlerweile durch forcierte Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten unumkehrbare Verhältnisse zu schaffen. Denn, so Schamirs eiserne Prämisse, "kein Quadratzentimeter" der Gebiete dürfe jemals preisgegeben werden; Westbank, Gaza und auch Golan müßten für ewige Zeiten zu Israel gehören.
Unter diesen Voraussetzungen vergingen die ersten Monate der Verhandlungen mit zermürbenden Streitereien um Fragen wie etwa: Welche Delegation darf oder muß durch welche Tür eintreten? In welchem Stockwerk wird verhandelt? Um welche Uhrzeit wird mit wem verhandelt? Wo treffen wir uns das nächste mal? - Die Bush-Regierung reagierte verstimmt und verzögerte die Zusage einer Kreditbürgschaft über 10 Milliarden Dollar an Israel. In Washington, das war vor den israelischen Wahlen klar und bekannt, würde man eine Ablösung von Schamir begrüßen und gewiß auch honorieren.
Rabin hat von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, daß er im Unterschied zu seinem Vorgänger ernsthaft und substantiell mit den arabischen Seiten verhandeln wolle. Er sei bereit, sofort persönlich nach Amman, Damaskus und Beirut zu fliegen, sagte er in seiner Regierungserklärung, und die palästinensische Delegation lud er zu informellen Gesprächen nach Jerusalem ein. Inhaltlich bot er allerdings überhaupt noch nichts an. Israel wolle nur sein Ansehen im Westen verbessern, kommentierte der jordanische Außenminister. Wichtig sei aber nur, was am Verhandlungstisch passieren würde. Unverzichtbar sei für Jordanien ein Baustopp für jüdische Siedlungen in den besetzten Gebieten, Abzug der israelischen Armee von dort, Selbstverwaltung und schließlich Selbstbestimmung für die Palästinenser. Ähnlich sahen die anderen arabischen Reaktionen aus.
Gesten und Vorleistungen
Wenige Tage später offerierte Rabin eine erste "Geste des guten Willens": Überprüfung aller Bauvorhaben in den besetzten Gebieten, wobei erstens klar war, daß sich das überhaupt nicht auf den Großraum Ostjerusalem bezog (der nach israelischer Interpretation nicht besetztes Gebiet, sondern Teil des Staates ist); wobei zweitens klar war, daß der "Baustopp" sich nur auf zwar schon genehmigte, aber noch nicht begonnene Häuser und Siedlungen bezieht; drittens, daß "sicherheitsrelevante" Siedlungen entlang des Jordan und im weiten Umkreis von Jerusalem vom "Baustopp" ausgenommen sind; und viertens schließlich, daß es sich keineswegs um eine definitive Entscheidung gegen die Siedlungspolitik, sondern nur um eine Pause handelt. Dennoch äußerte sich die US-Regierung sofort entzückt und deutete die baldige Freigabe der 10-Milliarden-Bürgschaft an. Der Ball sei nun im arabischen Feld, hieß es. Mit anderen Worten: nach dieser gigantischen israelischen "Vorleistung" seien jetzt aber mal die Araber am Zuge, auch ein bißchen nachzugeben.
Aber erst einmal gab es sogar noch ein paar weitere "Gesten des guten Willens" von Seiten Rabins: Anfang August wurde der zeitweise Baustopp ausgeweitet. (Ausdehnung auf private Bauvorhaben; es sollen nur noch Häuser fertiggestellt werden, deren Fundament schon vorhanden ist.) Damit noch lange nicht genug: Rabin sprach, genau zwei Tage vor seiner ersten Reise als Regierungschef in die USA, im Jerusalemer Parlament aus, daß ein Frieden mit Syrien ohne einen "territorialen Kompromiß" im besetzten Golan-Gebiet undenkbar wäre. Den Palästinensern teilte Rabin von Washington aus mit, Israel sei bereit, ihnen eine begrenzte "Selbstverwaltung" in den besetzten Gebieten zu gewähren und zu diesem Zweck schon im kommenden Jahr Wahlen abzuhalten.
Ungefähr das hatte zwar auch schon Schamir Ende der siebziger Jahre angeboten, aber Rabins Gastgeber wußten die Idee dennoch als ganz großen Fortschritt zu würdigen, und an der glücklichen Auflösung des Streits um die zehn Milliarden Dollar war nun überhaupt nicht mehr zu zweifeln. Für die palästinensische Seite war das, keineswegs zum ersten mal, ein Anlaß, um über die Parteilichkeit der US-Regierung zu klagen und vorsichtig mit ihrem Ausstieg aus den Verhandlungen zu drohen.
Während der sechsten Verhandlungsrunde im August - die erste unter der Regierung Rabin - erfolgte eine weitere öffentliche Geste: Israel kündigte an, mit der Freilassung von etwa 800 palästinensischen Gefangenen zu "beginnen". Palästinensische Kritiker dieser noblen Geste verwiesen darauf, daß einen Monat nach der Ankündigung erst 520 Gefangene auf freiem Fuß waren, und zwar nur solche, die mehr als zwei Drittel ihres Urteil verbüßt hatten und die Delikte begangen hatten, bei denen es keine Verletzten gab. Im Übrigen seien in israelischen Gefängnissen noch mehr als 12.500 politische Gefangene, oft aus sehr geringfügigen Gründen und nach fragwürdigen Verfahren abgeurteilt.
Das Angebot einer palästinensischen "Selbstverwaltung" (Autonomie) in den besetzten Gebieten wurde, umrahmt von soviel israelischen Vorleistungen, international als weiterer Beweis interpretiert, daß mit Rabin ein völlig neuer Zug in die Nahost-Verhandlungen gekommen sei und daß man nun endlich "substantielle Fortschritte" zu machen beginne.
Tatsächlich jedoch hatte die israelische Delegation ein entsprechenden Memorandum bereits im Februar den palästinensischen Vertretern übergeben, und diese hatten gleichfalls schriftlich ihre Kritik an dem Modell und ihre Gegenvorstellungen dargelegt. Zu den Methoden der palästinensischen Delegation gehört es, solche Vorgänge öffentlich zu machen, um in ihrer Bevölkerung das Mißtrauen gegen die Diplomatie abzubauen und ihre Politik nachvollziehbar zu gestalten. So wurden damals beide Memoranden vollständig publiziert, beispielsweise in "Al-Fajr" vom 9. und 16. März.
Was haben die Palästinenser gegen Autonomie?
Man kann sich also davon überzeugen, daß Schamirs Vorschlag vom Februar sich kaum von dem unterschied, den nun Rabin als seinen großen konstruktiven Beitrag in die sechste Verhandlungsrunde tragen ließ, und der von Journalisten, die es wahrscheinlich zumeist wirklich nicht viel besser wissen, feierlich als Novität präsentiert wurde. Ebenso waren auch schon seit damals die palästinensischen Einwände gegen dieses Modell bekannt. Einfach gesagt geht es darum, daß die israelische Regierung sich ein mit Palästinensern besetztes ausführendes Organ ihrer Besatzungspolitik wünscht. Der von ihr vorgeschlagene "Verwaltungsrat" soll keine eigenen gesetzgeberischen Kompetenzen haben, hätte also lediglich Besatzungsrecht zu exekutieren. Dafür soll eine palästinensische Polizeitruppe gebildet werden, jedoch bliebe die eigentliche Verantwortung für die "Sicherheitspolitik" (ebenso wie auch für die außenpolitische Repräsentation der besetzten Gebiete) vollständig in israelischen Händen. Ebenso bliebe Israel allein zuständig für die Rechtslage in den besetzten Gebieten, also beispielsweise die Verfügung über die Wasserreserven, über Grund und Boden usw. Das soll zumindest für die nächsten fünf Jahre gelten.
Bei all dem muß man sich vergegenwärtigen, daß es sich keineswegs um sogenannte kleine Schritte handeln würde, an deren Ende der vollständige Rückzug Israels aus Allen besetzten Gebieten und irgendeine Form palästinensischer Souveränität - eventuell in Verbindung mit Jordanien - stehen soll oder wenigstens könnte. Alle Pläne der Arbeitspartei halten daran fest, daß "aus Sicherheitsgründen" erhebliche Teile der besetzten Gebiete entweder annektiert oder dauerhaft militärisch kontrolliert werden müßten. Insbesondere wird an einer "Sicherheitszone" festgehalten, die zwischen der Westbank und Jordanien liegen soll. Im verbleibenden Rest - einige kleine, nicht miteinander verbundene Territorien - würde die Bevölkerung zu Untertanen des jordanischen Königs, ohne daß erkennbar ist, wie das praktisch aussehen könnte. Absolut nicht in Frage steht die "ewige" Zugehörigkeit Ostjerusalems zu Israel.
Die palästinensische Delegation legte ihr Gegenmodell Anfang September noch einmal in einem Zehn-Punkte-Papier dar. Wesentlich ist, daß ein eigenes Parlament gewählt wird, das auch Gesetzgebungsvollmacht haben soll. Es müßte einen vollständigen Baustopp geben, und die israelischen Besatzungstruppen sollen als Übergangslösung (maximal ein Jahr) in beidseitig akzeptierte Stützpunkte zurückgezogen werden. Außerdem wird davon ausgegangen, daß der Großraum Ostjerusalem Teil der besetzten palästinensischen Gebiete ist, also in jede Übergangslösung einbezogen werden müßte.
Insgesamt ist jedoch erkennbar, daß die PLO wahrscheinlich jeder Lösung zustimmen würde, die - notfalls auch erst nach einer Übergangszeit von mehreren Jahren - die Perspektive der Eigenstaatlichkeit und vielleicht einen beidseitig akzeptierten Sonderstatus für Ostjerusalem enthält. Nur für die Fortsetzung des Besatzungsregimes mit Hilfe palästinensischer Statthalter würde es schwerlich Zustimmung in der eigenen Bevölkerung geben können.
Der israelisch-palästinensische Teil der Verhandlungen befindet sich also in einer Sackgasse, aus der noch kein Ausweg zu erkennen ist. Um so mehr war die Regierung Rabin bemüht, Bewegung auf einem anderen Schauplatz zu präsentieren, nämlich in den Gesprächen mit Syrien.
Zur Erinnerung: Auf israelischen Wunsch hin finden die Verhandlungen mit den arabischen Seiten strikt getrennt voneinander statt. Israel verhandelt also jeweils separat mit einer libanesischen Delegation, einer syrischen, und inzwischen de facto auch gesondert mit einer palästinensischen und einer jordanischen.
Die Intention dabei ist, die arabischen Seiten gegeneinander auszuspielen, das gegenseitige Mißtrauen unter diesen zu verschärfen. Im Endeffekt geht es darum, die Araber zu einer Art Wettlauf um die Einigung mit Israel zu veranlassen, indem jeder fürchtet, andere könnten sich separat mit Israel einigen und man selbst hätte dann das Nachsehen. Diese Strategie baut auf die bekannten Widersprüche und Rivalitäten zwischen den arabischen Kräften, die diese offensichtlich entweder nicht überbrücken können oder wollen. In Worten haben zwar alle arabischen Seiten zugestimmt, daß sie die anderen vor einer definitiven Regelung konsultieren würden, aber angesichts eines "günstigen Angebots" aus Jerusalem würde die inszenierte Standhaftigkeit vermutlich ins Wanken kommen.
Was treiben Syrer und Israelis hinter den Kulissen?
In der sechsten Verhandlungsrunde (August/September) war Syrien das Objekt israelischer Locksignale. Man mußte allerdings die Worte schon auf die Goldwaage legen, um diese substantiell eigentlich extrem schwachen Signale "richtig" würdigen zu können. So machte es international großes Aufsehen, daß die Israelis erstmals das Wort Rückzug in Verbindung mit dem 1967 von ihnen besetzten und 1981 annektierten syrischen Golangebiet erwähnten. Genau besehen besagt die neue israelische Position aber definitiv nur, daß es auf gar keinen Fall einen vollständigen Rückzug aus dem Gebiet geben werde, daß aber ein teilweiser Abzug "verhandelbar" wäre. Außerdem, Abzug sei nicht gleichbedeutend mit Rückgabe, was immer dieser feine Unterschied bedeuten mag.
Im übrigen beschäftigten sich Israelis und Syrer in der sechsten und auch noch in der siebten Runde mit einem äußerst interessanten Streit: Die Syrer wollen, daß Israel zuerst die Ware auf den Tisch legt, bevor sie selbst darüber sprechen, welchen Preis sie zu zahlen bereit wären. Mit anderen Worten, Israel soll erklären, zu welcher Art von Rückzug, in welchem Zeitraum usw., es bereit wäre, bevor Syrien darlegt, zu welcher Art von Frieden es unter diesen Konditionen bereit wäre.
Hingegen nach israelischer Ansicht müßte es genau umgekehrt laufen: Erst legt Syrien offen, welchen Preis es zahlen will, und daran anschließend kann man sich unterhalten, wieviel Ware es dafür gibt. Konkret: Israel verweigert jede Festlegung, ob und wieweit es im Golangebiet zum Rückzug bereit ist, solange Syrien nicht zusichert, daß es zum Friedensschluß und zur vollen Normalisierung der Beziehungen bereit ist. Und zwar, das ist sehr wichtig, unabhängig vom Stand der übrigen Verhandlungs-Schauplätze. Soll heißen: Damaskus müßte seine grundsätzliche Bereitschaft zu einem Separatfrieden erklären, bevor Israel überhaupt irgendein konkretes Angebot auf den Tisch legt.
Sehr viel Bewegung ist das also nicht. Aber die israelische Seite sorgte mit demonstrativem Optimismus und vielversprechenden Andeutungen über die Entwicklung der syrischen Verhandlungsschiene dennoch dafür, daß sich auf palästinensischer Seite das Mißtrauen breitmachte, hinter den Kulissen seien Syrer und Israelis sich schon sehr viel näher gekommen. Daß die Syrer heftig dementierten, den vorgeblichen Wandel der israelischen Position unter Rabin als Illusion abtaten und den "Optimismus" Jerusalems als Spaltungsmanöver bezeichneten - alles das brachte die Befürchtungen und Gerüchte nicht zum Verstummen. Auch die Beteuerungen auf palästinensischer Seite, man sei fest überzeugt, daß die syrischen Brüder keinem egoistischen Geschäft mit Israel zustimmen würden, wirkten weder ganz überzeugt noch überzeugend.
Auch nicht unbedingt ein Beweis syrischer Standhaftigkeit ist, daß Assad wieder einmal den in Damaskus ansässigen "radikalen" Palästinenserorganisationen freie Bahn gab, um die PLO in Schwierigkeiten zu bringen. Im September vereinigten sich zehn der "radikalen" Gruppen zu der Aufforderung an die PLO, die Verhandlungen sofort zu verlassen und keine weiteren Zugeständnisse zu machen. In der politischen Praxis liefe dieser Appell, der ohne stillschweigende Billigung Assads nicht möglich wäre, darauf hinaus, Syrien das Feld zu überlassen und die Voraussetzungen einer separaten Einigung mit Israel zu erleichtern. Dieses Vorgehen der syrischen Regierung, die von ihr unterstützten palästinensischen "Radikalen" an der langen Leine kläffen zu lassen, um eigene opportunistische Praktiken abzuschirmen, hat eine lange Tradition. Schwer zu beantworten ist die auch keineswegs neue Frage, warum die "Radikalen" sich immer wieder auf dieses Spiel einlassen.
Generalstreik - gegen Israel, gegen die PLO?
Ende Oktober riefen mehrere Strömungen der "Radikalen", darunter PFLP und DFLP, in den besetzten Gebieten zu einem Generalstreik gegen den israelischen Autonomie-Vorschlag und indirekt auch gegen die Verhandlungsführung der PLO auf. Dieser Aufruf wurde massenhaft befolgt. Darin drückt sich nicht unbedingt und allgemein Unzufriedenheit mit der Taktik der PLO aus. In erster Linie geht es tatsächlich um demonstrative Ablehnung des israelischen Vorschlags, daneben aber auch um eine Ermahnung an die PLO, von ihren bisherigen Gegenpositionen nicht abzugehen. Man kann das, je nach eigenem Standort, als Unterstützung für die PLO-Verhandlungsführung oder als Kritik an ihr interpretieren. Vermutlich spielte beim Erfolg des Streiks beides eine Rolle. Hinzu kommt die unter den Palästinensern weitverbreitete Ansicht, daß maximale Geschlossenheit im Kampf das wichtigste ist und daß ein Generalstreik vor allem ein Erfolg werden muß, auch wenn man denen, die dazu aufgerufen haben, nicht hundertprozentig zustimmt.
Unübersehbar ist allerdings, daß die PLO es schwer hat, ihre Taktik in den Verhandlungen, aber auch die Teilnahme an diesen, vor der Bevölkerung zu rechtfertigen. Die Schwierigkeit wächst mit der Dauer der Verhandlungen, sofern diese nicht in absehbarer Zeit dazu führen, daß es irgendwelche spürbaren Verbesserungen gibt.
Danach sieht es aber zur Zeit nicht aus. Mit der Abwahl von Bush hat Jerusalem anscheinend eine relativ komplizierte Wegstrecke hinter sich gebracht, in der die Interessen und Vorgehensweisen der US-Regierung nicht immer deckungsgleich mit denen Israels waren. Clinton hingegen wurde schon viele Monate vor der Wahl in israelischen und anderen jüdischen Medien als größter Israel-Freund aller Zeiten vorgestellt. Immer wieder wurde auf den Kranz pro-israelischer Berater verwiesen, mit denen Clinton sich umgeben hat, und Äußerungen des Präsidentschaftskandidaten selbst wurden zitiert, aus denen zu erkennen war, daß mit dem gelegentlichen amerikanischen Druck auf Israel - der in Wirklichkeit auch unter Bush nicht sehr drückend war - demnächst Schluß sein würde.
Indessen hält die Politik gelegentlich Überraschungen bereit und nicht jeder Präsident muß unbedingt einlösen, was er, vielleicht nur aus Opportunitätsgründen, im Wahlkampf von sich gab. Es heißt, daß Clinton dem früheren Präsidenten Carter eine vermittelnde Rolle in den israelisch-arabischen Verhandlungen übertragen will. Carter aber war, vergleichsweise, ein Präsident, an dem Israel und dessen Lobby in den USA keine volle Freude hatten. Übrigens war Carter auch der erste und einzige US-Präsident, der tatsächlich ein oder zweimal die Worte "palästinensisches Selbstbestimmungsrecht" in den Mund nahm.
Knut Mellenthin
analyse & kritik, 19. November 1992