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Kriegsbeginn verschoben
Großbritannien will Beteiligung an Militärschlägen gegen Syrien vom Votum des Unterhauses abhängig machen. Auch Obama steht zunehmend unter Druck, über seinen Kriegsplan im Kongress abstimmen zu lassen.
Die britische Regierung will zunächst den Untersuchungsbericht der UNO über das Giftgas-Massaker in Syrien abwarten, bevor sie im Unterhaus über eine Kriegsbeteiligung abstimmen lässt. Das kündigte Premier David Cameron am Mittwochabend an. Damit verzögert sich der Angriffsbeginn der USA und ihrer Verbündeten, der zum Wochenende erwartet worden war, voraussichtlich zumindest um mehrere Tage. Nach Aussagen von UN-Generalsekretär Ban Ki-mun sollen die internationalen Inspektoren ihre Arbeit am Freitag beenden und Syrien am Sonnabend verlassen. Ihr Bericht wird kaum vor Anfang nächster Woche vorliegen.
Das russische Außenministerium unterstützte am Donnerstag die Aufforderung der syrischen Regierung an die UNO, die Inspektoren noch einige Tage länger dort zu lassen, um auch einige weitere, kleinere Giftgaseinsätze zu untersuchen. Die US-Regierung hat sich sofort dagegen ausgesprochen und behauptet, es handele sich nur um einen Versuch, Zeit zu gewinnen.
Mit der Änderung seines Zeitplans reagierte Cameron auf die Kritik aus Allen politischen Lagern am bisherigen Vorgehen. Sogar in seiner eigenen Konservativen Partei sind, einem Bericht der Tageszeitung Guardian zufolge, bis zu 70 Abgeordnete von den Argumenten für einen Krieg gegen Syrien „nicht überzeugt“. Auch wenn es letztlich nur wenige unter ihnen sind, die ein klares Nein angekündigt haben, kann sich der britische Premier nicht leisten, über weit verbreitete Bedenken einfach hinwegzugehen. Cameron muss auch dafür sorgen, dass die Liberaldemokraten, mit denen sich die Konservativen in einer Regierungskoalition befinden und die vor zehn Jahren gegen den Irakkrieg gestimmt hatten, diesmal „im Boot bleiben“.
Die Verschiebung der Abstimmung bis zum Vorliegen des UN-Berichts ist aber in erster Linie ein Zugeständnis an die oppositionelle Labour Party. Sie hatte als erste dieses Verfahren gefordert. Ob sie wirklich gegen den Krieg stimmen will, hält sich die Parteiführung jedoch noch offen. Sicher scheint, dass Labour in der entscheidenden Unterhaussitzung eine Ergänzung des Regierungsantrags einbringen wird. Darin soll hauptsächlich die Rolle der UNO betont werden. Welchen praktischen Nutzen das haben könnte, falls man gleichzeitig die Zusammenarbeit mit Russland durch Kriegshandlungen gegen Syrien belastet, ist unklar.
Möglicherweise wird auch Barack Obama entgegen seiner bisherigen Absicht um eine Abstimmung seines Kriegsplans im Kongress nicht herum kommen. 116 Abgeordnete und Senatoren, mehrheitlich Republikaner, erheben diese Forderung in einem offenen Brief an den Präsidenten. Daneben hat der republikanische Sprecher des Abgeordnetenhaus, John Boehner, einen weiteren offenen Brief an Obama gerichtet. Er fordert ihn darin auf, öffentlich zu erklären, was er sich von den geplanten Angriffen verspricht, und äußert zugleich seine Besorgnis, dass Obama die USA in einen ungewollten Krieg verwickeln könne.
Nach Meldungen eher zweifelhafter Quellen soll Ägyptens Verteidigungsminister und Chef des Militärregimes, Abdal Fattah al-Sisi, angekündigt haben, dass sein Land den Suez-Kanal für Kriegsschiffe der USA und Großbritanniens sperren werde. Diese Gerüchte wurden von ägyptischen Medien bisher nicht bestätigt. Sicher ist jedoch, dass Ägyptens Vertreter sich am Dienstag bei einem Treffen der Arabischen Liga gegen Obamas Kriegsabsichten ausgesprochen hat. Außer ihm äußerten auch Algerien, Libanon und Irak starke Bedenken. Die vom Weißen Haus angestrebte Unterstützung der Liga für eine direkte Militärintervention des Westens kam nicht zustande.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 30. August 2013