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Kein Interesse an Israels Atomwaffen
Die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) weigert sich, zu Israels Nuklearwaffen Stellung zu nehmen. Das ist das Fazit eines drei Seiten langen Papiers, das IAEA-Generaldirektor Jukija Amano am 3. September vorgelegt hat. Der keinerlei Fakten oder Einschätzungen enthaltende Bericht soll auf der alljährlichen Vollversammlung der IAEA diskutiert werden, die am 20. September in Wien beginnt. Westliche Regierungen, Allen voran die USA, entfalten schon seit Monaten diplomatischen Druck, damit das Thema Israel ganz von der Tagesordnung gestrichen wird.
Mit der Vorlage seines Berichts kommt Amano formal einem Auftrag nach, den die letzte Vollversammlung der Behörde am 18. September 2009 erteilt hatte. Die entsprechende Resolution wurde allerdings nur mit sehr knapper Mehrheit angenommen. 49 Staaten stimmten dafür, 45 dagegen, darunter die USA, Kanada, die EU-Staaten, Australien und Neuseeland. Es gab 16 Enthaltungen. Zusammen sind das 110 Stimmen. Der IAEA gehören 151 Staaten an, also hatten anscheinend 41 Staaten an der Abstimmung nicht teilgenommen.
Mit der Resolution wurde Israel aufgefordert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten und alle Nuklearanlagen der Kontrolle der IAEA zu unterstellen. Die Entschließun g sprach sich außerdem für die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten aus. Der Generaldirektor – damals noch Mohammed ElBaradei, dessen Amtszeit aber im Dezember 2009 endete – wurde beauftragt, der nächsten Vollversammlung einen Bericht „über die Umsetzung dieser Resolution“ vorzulegen.
Aus dem jetzt veröffentlichten Papier geht hervor, dass Amano keinerlei praktische Schritte unternommen hat. Ferner steht dort, dass die IAEA keine Informationen über Israels Atompotential hat und auch nicht anzugeben vermag, welche israelischen Atomanlagen überhaupt existieren. Aus dem Bericht ist nicht ersichtlich, dass die Behörde wenigstens den Versuch unternommen hat, Israel offiziell zur Mitteilung irgendwelcher Informationen aufzufordern.
Die wichtigste Aktivität des neuen Generaldirektor bestand offenbar darin, sich am 7. April schriftlich an alle Mitgliedstaaten zu wenden und sie zu bitten, ihm ihre Ansichten zur Erreichung der in der Resolution formulierten Ziele mitzuteilen. Bis zum 2. September waren Antworten von 42 Regierungen und von der EU eingegangen. Alle sind im Anhang zu Amanos Bericht dokumentiert. Die westlichen Regierungen bestätigten noch einmal ihre Ablehnung der an Israel gestellten Forderungen. Israel selbst wiederholte den im Vorjahr auf der Vollversammlung vorgetragenen Standpunkt, dass die Resolution „eindeutig unvereinbar mit den grundlegenden Prinzipien und Normen des internationalen Rechts“ sei. Damit solle nur von den „wirklichen Herausforderungen“, insbesondere dem Iran unterstellten Streben nach Atomwaffen, abgelenkt werden.
Die US-Regierung hat sich offiziell verpflichtet, Israel bei der Bewahrung seines regionalen Atomwaffen-Monopols jede nur erdenkliche Unterstützung zu geben. Bei einem Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Anfang Juli versicherte Barack Obama, „dass Israel immer die Fähigkeit haben muss, sich selbst zu verteidigen (…) und dass ausschließlich Israel selbst seine Sicherheitsbedürfnisse bestimmen kann“. Er versprach darüber hinaus, „dass die USA ihre seit langem feststehende Praxis fortsetzen werden, eng mit Israel zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Abrüstungsinitiativen nicht auf Kosten der israelischen Sicherheit gehen.“
Knut Mellenthin
Junge Welt, 7. September 2010