KNUT MELLENTHIN

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Hektik zwischen Jerusalem und Washington

Israel gibt dem Westen nur noch vier bis acht Wochen, um gegenüber Iran „die diplomatische Option auszutesten“. Danach müssten zumindest harte Sanktionen eingesetzt werden, sagte der Stellvertretende Außenminister Danny Ajalon am Montag vor ausländischen Militärs und Regierungsbeamten im israelischen Herzlija. Ajalon sprach auf einem Seminar, das von dem im deutschen Garmisch-Partenkirchen ansässigen George C. Marshall Center for Security Studies vom 5. bis 11. März veranstaltet wird.

Iran könne nur durch „eine geschlossene diplomatische Position“ gestoppt werden, sagte der israelische Politiker und forderte China auf, seinen Erdöl-Bedarf künftig in Saudi-Arabien statt im Iran zu decken. In diesem Sinn waren in den vergangenen Wochen bereits Scharen israelischer Diplomaten in Peking vorstellig geworden.

Ebenfalls am Montag besuchte Israels Stellvertretender Premierminister Silwan Schalom die Vereinten Nationen in New York, um eine Verschärfung der Konfrontation mit Iran einzufordern. Im Gespräch mit Ban Ki-mun appellierte er an den UN-Generalsekretär, „seine moralische Autorität einzusetzen, um vom Sicherheitsrat die Verhängung weiterer Sanktionen gegen Iran zu verlangen“. „Die Zeit ist gekommen, verkrüppelnde Sanktionen gegen die Iraner einzusetzen“, sagte Schalom anschließend vor Journalisten. Er habe Ban Ki-mun unter anderem vorgeschlagen, „300 Führer der Revolutionsgarde, die derzeit den Iran kontrollieren“, auf die UN-Sanktionsliste zu setzen.

Intensive Aktivitäten spielen sich gleichzeitig auch zwischen den USA und Israel ab. Nach Besuchen mehrerer amerikanischer Militärs und Diplomaten in der vergangenen Woche ist seit Montag Vizepräsident Joe Biden zu Gast in Israel. Vor einem Jahr hatte er erklärt, es sei Israels Recht, ohne Zustimmung der US-Regierung den Iran anzugreifen. Zu diesem Thema befragt sagte Biden am Montag, er wolle „diese hypothetische Frage“ nicht kommentieren. „Aber ich kann dem israelischen Volk versprechen, dass wir als Verbündete jeder Sicherheitsherausforderung, der sich Israel gegenüber sieht, entgegentreten werden.“

Biden verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Israel von den USA jährlich drei Milliarden Dollar Militärhilfe erhält. Die US-Regierung habe ihre „Anstrengungen, um sicherzustellen, dass Israel seinen qualitativen militärischen Vorsprung behält“, verdoppelt, die gemeinsamen Militärübungen ausgeweitet und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raketenabwehr verstärkt.

Unterdessen formieren sich in beiden Häusern des amerikanischen Kongresses die Kräfte, die eine Verschärfung der nur von den USA getragenen Sanktionen gegen Iran fordern. Ausgangspunkt der Kampagne ist ein offfenbar von diesen Kreisen lancierter Artikel, der am Sonnabend in der New York Times erschien. Diesem Bericht zufolge hat die US-Regierung in den vergangenen Jahren Geschäfte mit in- und ausländischen Firmen gemacht, obwohl diese gegen die Sanktionsbestimmungen verstoßen hatten. Abgeordnete und Senatoren wollen nun durch neue Gesetze diese „Schlupflöcher“ schließen. Iran müssten „die Vorteile des Zugangs zur globalen Wirtschaft verweigert werden“, forderte Senatorin Kirsten Gillibrand, Mitglied der Demokraten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 10. März 2010