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OSZE-Mission in Georgien packt ihre Koffer
Am heutigen Dienstag endet die OSZE-Mission in Georgien. Zuvor hatte schon am 16. Juni die UN-Beobachtermission in Georgien (UNOMIG) ihre Tätigkeit eingestellt. In beiden Fällen liegt der Grund in Differenzen zwischen USA und EU einerseits, Russland andererseits über die Schlussfolgerungen, die aus den „neuen Realitäten“ zu ziehen sind, die sich nach dem georgischen Überfall auf Südossetien am 8. August 2008 ergeben haben.
Die Mission der Europäischen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit war am 13. Dezember 1992 eingerichtet worden, nachdem Georgien vergeblich versucht hatte, Südossetien, das 1990 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, mit Waffengewalt wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Der Auftrag der Mission bestand zunächst nur darin, Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und zu betreuen, um eine friedliche politische Lösung zu erreichen. Im März 1994 wurde das Mandat erheblich erweitert. Es enthielt nun unter anderem auch die Verbindung zu der russischen geführten Friedenstruppe, die nach dem Bürgerkrieg in Südossetien stationiert wurde. Außerdem kam die Zusammenarbeit mit der im August 1993 eingerichteten UNOMIG hinzu, die hauptsächlich den Waffenstillstand zwischen Georgien und der abtrünnigen Republik Abchasien überwachen sollte. Und schließlich sollte die OSZE-Mission auch auf die Respektierung der Menschen- und Freiheitsrechte in Georgien selbst achten und diese fördern.
Die OSZE-Mission hat indessen zumindest in den letzten zehn Jahren keine positive Rolle für das Konflikt-Management gespielt. Das lag nicht nur daran, dass sie personell viel zu schwach besetzt war, um wirklich Überwachungsaufgaben wahrzunehmen, sondern auch an den politischen Differenzen zwischen den Beteiligten. Insbesondere hat die Mission es aufgrund der westlichen Dominanz versäumt, gegen die seit dem Machtantritt von Michail Saakaschwili (November 2003) immer häufiger und schärfer werdenden georgischen Provokationen Stellung zu nehmen. Die südossetische Regierung wirft ihr darüber hinaus vor, angesichts der Vorbereitung und Durchführung des georgischen Überfalls passiv geblieben zu sein. Präsident Eduard Kokoiti konstatierte, dass die OSZE in Südossetien „ihre Glaubwürdigkeit verloren“ habe, und machte eine weitere Zusammenarbeit davon abhängig, dass sein Land als gleichberechtigter Partner anerkannt werden müsse. Da diese Voraussetzung vom Westen nicht akzeptiert wurde, konnte die Mission, die die Hauptstadt Tschinwali zu Beginn des Überfalls verlassen hatte, nach dem Krieg ihre Tätigkeit in Südossetien nicht wieder aufnehmen.
Im Dezember 2008 stand praktisch schon fest, dass es die Mission künftig nicht mehr geben würde. Nur die 20 unbewaffneten Militäroffiziere, die nach dem Augustkrieg als Beobachter eingesetzt worden waren – ausschließlich auf der georgischen Seite der Grenze -, sollten ihre Tätigkeit noch bis zum 30. Juni 2009 fortsetzen. In den letzten Monaten wurde vergeblich über ein neues Mandat verhandelt. Für Russland und Südossetien wäre das nur akzeptabel gewesen, wenn zwei klar getrennte Missionen, eine für Georgien und eine für Südossetien, eingerichtet worden wären. Die Regierungen des Westens hingegen verlangten ein übergreifendendes Mandat und vollständige Bewegungsfreiheit in ganz Südossetien.
In Georgien bleiben nun nach der Schließung der Missionen von UN und OSZE nur noch die 249 unbewaffneten Beobachter, die die EU nach dem Augustkrieg dorthin geschickt hat.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 30. Juni 2009