KNUT MELLENTHIN

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Georgische Opposition will Präsidenten stürzen

Es wird eng für Michail Saakaschwili. Immer mehr Mitstreiter wenden sich vom georgischen Präsidenten ab und verstärken die Reihen der Opposition. Die politisch gewichtigsten sind die ehemalige Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse, Saakaschwilis engste Verbündete in der „Rosenrevolution“ vom November 2003, und der frühere Botschafter bei der UNO in New York, Irakli Alasania. Salome Surabischwili, Außenministerin in den Jahren 2004-2005, hat eine eigene Oppositionspartei gegründet (Georgiens Weg), während der Unternehmer und Finanzfachmann Surab Nogaideli, Regierungschef von Februar 2005 bis November 2007, noch schwankt, wie weit er sich mit seiner Bewegung für ein gerechtes Georgien gegen Saakaschwili positionieren soll. Burdschanadse und Alasania gelten als Favoriten der USA, falls Washington sich entschließen sollte, Saakaschwili fallen zu lassen, dessen Kriegsabenteuer gegen Südossetien dort nicht auf ungeteilte Begeisterung stieß.

Am 29. Januar unterzeichneten zwölf Oppositionsparteien eine gemeinsame Erklärung, in der sie Saakaschwili zum Rücktritt aufforderten. Zugleich verlangten sie Neuwahlen des Präsidenten und des Parlaments. „Es ist die patriotische Pflicht jedes georgischen Bürgers, sein Bestes zu tun, um mit verfassungsmäßigen Mittel in kürzestmöglicher Zeit die Regierung auszuwechseln“, hieß es in der Stellungnahme. Konkrete Schritte zur Durchsetzung dieses Ziels wurden nicht genannt. Nicht unter den Unterzeichnern war die Arbeitspartei – die sich aus Sektierertum fast nie an gemeinsamen Aktivitäten beteiligt -, Nogaideli – der die Forderung nach Neuwahlen für nicht aktuell hält -, sowie Alasania, der Neuwahlen mit Hilfe eines Referendums erreichen will.

Inzwischen hat sich, ganz in der georgischen Tradition seit Erreichen der staatlichen Unabhängigkeit 1991, die Einheit der Opposition auch schon wieder aufgelöst. Die Neuen Rechten und die Republikaner haben sich zusammengeschlossen und der Führung Alasanias – der keiner der beiden Parteien angehört – unterstellt. Die neue Formation nennt sich Bündnis für Georgien. Sie hat Saakaschwili am 23. Februar aufgefordert, innerhalb von zehn Tagen, bis zum 5. März, eine Volksabstimmung über Neuwahlen anzusetzen. Was geschehen soll, wenn der Präsident dem Verlangen nicht nachkommt, wurde bisher nicht erklärt und soll erst nach Fristablauf entschieden werden.

Vier andere Parteien aus den Reihen der Unterzeichner des Papiers vom 29. Januar kündigten am 24. Februar an, dass sie am 9. April mit permanenten Straßenprotesten beginnen wollen, falls Saakaschwili bis dahin nicht zurückgetreten ist. Es handelt sich um die Konservativen, die Partei Georgiens Weg von Ex-Außenministerin Surabischwili, die Volkspartei und die Demokratische Bewegung – Vereintes Georgien von Burdschanadse. Die ehemalige Parlamentspräsidentin, die im November 2007 noch die polizeiliche Niederschlagung der damaligen regierungsfeindlichen Demonstrationen und die Verhängung des Ausnahmezustands unterstützt hatte, gibt sich jetzt kämpferisch: „Anderenfalls – wenn Saakaschwili bis zum 9. April nicht zurücktritt – werden wir davon ausgehen, dass alle Mittel erschöpft sind und dass der einzige verbliebene Weg zur Erreichung unseres Ziels darin besteht, Protestkundgebungen zu organisieren, die so lange dauern sollten, bis der Präsident zum Rücktritt gezwungen ist.“ - Noch etwas drastischer formulierte es der Führer der Konservativen, Zwiad Dsidsiguri: „Wir beabsichtigen, auf der Rustaweli Avenue – der Hauptstraße von Tbilissi, an der das Parlament liegt – zu leben, bis Saakaschwili zurücktritt. Auch in anderen Städten werden Protestkundgebungen organisiert.“

Die Durchführung eines Referendums lehnen die vier Parteien ab: offenbar in der Furcht, dass Saakaschwili, der weitgehend die Medien Georgiens kontrolliert, dieses für sich entscheiden könnte. Aus dem selben Grund sind sie gegen Neuwahlen.

Inzwischen sind zu diesem Bündnis vier weitere Parteien gekommen, darunter die Bewegung für ein vereintes Georgien von Irakli Okruaschwili, der unter Saakaschwili Innenminister (Juni bis Dezember 2004) und Verteidigungsminister (Dezember 2004 bis November 2006) war. Gemeinsam rufen die acht Parteien in einer am 26. Februar veröffentlichten Stellungnahme dazu auf, sich am 9. April vor dem Parlament zu versammeln. „Wir glauben, dass Saakaschwilis illegitimes und staatsfeindliches Regime Georgien in die Katastrophe geführt hat und dass der einzige Weg zur Überwindung der Krise der Rücktritt von Michail Saakaschwili ist“, heißt es in dem Aufruf. Neuwahlen sollten erst nach dem Rücktritt des Präsidenten stattfinden.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 27. Februar 2007