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Georgisch-russischer "Krieg der Worte"
Russland verstärkt seine Truppen zum Schutz Abchasiens. Georgien spricht von "militärischer Aggression".
Das aus neun Parteien bestehende georgische Oppositionsbündnis hat Präsident Michail Saakaschwili am Donnerstag vorgeworfen, die Spannungen mit Russland aus wahltaktischen Gründen anzuheizen. Die Kaukasusrepublik wählt am 21. Mai ein neues Parlament. Die alleinregierende Nationalpartei könnte dann ihre absolute Mehrheit verlieren. Es wird auf jeden Fall damit gerechnet, dass die Opposition der Regierung, wie schon anlässlich der Präsidentenwahl im Januar, massive Fälschungen vorwerfen wird.
Das Schüren von Konflikten mit Russland sei zum festen Ritual vor Allen Wahlen geworden, sagte am Donnerstag der Vorsitzende der zum Oppositionsbündnis gehörenden Konservativen Partei, Kakcha Kukawa, in einem Fernsehinterview. "Saakaschwili ist zu jeder Art von Abenteuer und Provokation bereit, nur um seine Macht zu behalten und von den Wahlen abzulenken." - Die Opposition, die nicht weniger nationalistisch, antirussisch und prowestlich ist als die regierende Nationalpartei, ist schon seit vorigem Herbst auf Distanz zu Saakaschwilis Politik der inszenierten Spannungen gegangen.
Jüngster Anlass: Russland hatte am Dienstag angekündigt, zusätzliche Truppen in die Anfang der 90er Jahre von Georgien abgefallenen Republik Abchasien zu schicken. Begründet wurde das mit "destabilisierenden Maßnahmen der georgischen Seite". Darunter die Flüge unbemannter Spionageflüge über Abchasien und die Verstärkung des georgischen Militärs im Oberen Kodori-Tal. Georgien hatte diesen Teil Abchasiens im Juli 2006 besetzt und plant dort die Installation einer "Gegenregierung". Das Gebiet liegt nur 50 Kilometer von der Hauptstadt Suchumi entfernt und stellt einen strategisch erstklassigen Ausgangspunkt für Militäroperationen gegen die abtrünnige Republik dar.
Russische Soldaten befinden sich als Friedenstruppe der GUS aufgrund des abchasisch-georgischen Waffenstillstandsabkommens von 1994 in der Republik. Einem damaligen Beschluss der GUS zufolge soll ihr Personalstand 2500 bis 3000 Mann betragen. Moskau hat angekündigt, dass diese Höchstgrenze durch die Verstärkung nicht überschritten wird. Inzwischen sind die zusätzlichen Truppen im Bezirk Tkwarcheli eingetroffen, der südlich vom Oberen Kodori-Tal liegt.
Die georgische Regierung verurteilt die russischen Maßnahmen als "militärische Aggression" und fordert ein internationales Eingreifen. Bisher am weitesten ging Ministerpräsident Lado Gurgenidse: "Von nun an werden wir jeden russischen Soldaten, der nach Abchasien kommt, als illegal, potentiellen Aggressor und Erzeuger von Destabilisierung betrachten."
Gleichzeitig hat Georgien die Verhandlungen über Russlands Beitritt zur Welthandelsorganisation abgebrochen. Russland darf nur beitreten, wenn alle bisherigen Mitglieder zustimmen. Georgien und Saudi-Arabien sind die letzten Staaten, die immer noch blockieren.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 2. Mai 2008