KNUT MELLENTHIN

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Deutsche Behörden als Wahlhelfer von Präsident Saakaschwili?

Georgischer Oppositionspolitiker in Berliner Abschiebehaft

Wie gestern schon kurz gemeldet wurde am Dienstag in Berlin der georgische Oppositionspolitiker Irakli Okruaschwili festgenommen. Die Aktion erfolgte im Rahmen der Amtshilfe. Die Regierung in Tbilissi hat nun 40 Tage Zeit, um die für eine Auslieferung erforderlichen Dokumente zu liefern. Auf diese Weise könnte Okruaschwili mit offizieller deutscher Unterstützung für die gesamte Zeit des Wahlkampfs aus dem Verkehr gezogen werden. In Georgien findet am 5. Januar eine vorgezogene Präsidentenwahl statt. Vorausgegangen waren die größten Massenproteste seit der "Rosenrevolution" vom November 2003 und die Verhängung des Ausnahmezustands.

Der ehemalige Verteidigungsminister Okruaschwili war am 27. November in Tbilissi wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen festgenommen worden, nachdem er gegen Präsident Michail Saakaschwili den Vorwurf der Korruption erhoben hatte und ihn beschuldigt hatte, Mordpläne gegen Oppositionspolitiker in Auftrag gegeben zu haben. Am 9. Oktober wurde der 33Jährige gegen eine hohe Kaution freigelassen. Zuvor hatte er sich in einem "Geständnis", das im Staatsfernsehen übertragen wurde, aller möglichen Verbrechen bezichtigt. Nach dem Urteil von Beobachtern machte er dabei den Eindruck, unter dem starken Drogen oder Alkohol zu stehen. Am 1. November - einen Tag vor einer landesweiten Massenkundgebung in Tbilissi, auf der er sprechen sollte - wurde Okruaschwili gewaltsam in ein Flugzeug gesetzt und über Paris nach München abgeschoben. Am 6. November widerrief er in einem Telefoninterview mit dem Privatsender Imedi TV sein "Geständnis" und bezeichnete es als erzwungen. Daraufhin wurde der Haftbefehl gegen Okruaschwili am 14. November wieder in Kraft gesetzt.

Unterdessen haben sich 22 Bewerber zur Präsidentenwahl am 5. Januar angemeldet. Um kandidieren zu können, müssen sie aber 50.000 Unterschriften vorlegen. Damit dürfte die Zahl der tatsächlich zugelassenen Kandidaten erheblich sinken, zumal die Mehrheit der Angemeldeten politisch unbekannte Leute sind. Unter den ernsthaften Bewerbern sind neben Amtsinhaber Saakaschwili der Vertreter eines aus neun Parteien bestehenden Oppositionsbündnisses, Lewan Gachechiladse, sowie die Führer der sozialdemokratischen Arbeitspartei und der Partei der Neuen Rechten.

Auch der Milliardär Badri Patarkatsischwili, ein Freund Okruaschwilis und Geldgeber der Opposition, hat sein Interesse an einer Kandidatur angemeldet. Er hält sich jedoch meist im Ausland auf, da ihm in Georgien ein Strafverfahren wegen "Umsturzvorbereitungen" droht. Mehrere Mitarbeiter einer für Patarkatsischwili arbeitenden Sicherheitsfirma wurden bereits wegen "Bildung einer illegalen bewaffneten Gruppe" festgenommen. Der Patarkatsischwili und dem neokonservativen Mediengiganten Rupert Murdoch gehörende Sender Imedi wurde für drei Monate stillgelegt. Einige bekannte Moderatoren sind inzwischen zu staatlichen Sendern abgewandert. Die Opposition ist damit während des Wahlkampfs ihres wichtigsten Forums beraubt. Die Regierung hat angekündigt, dass der Sender seinen Betrieb nur wieder aufnehmen darf, wenn er sich ihren Vorstellungen anpasst und Patarkatsischwili völlig aus dem Medienunternehmen Imedi aussteigt. Am Sonntag hatten in Tbilissi rund 4.000 Menschen gegen die Schließung von Imedi TV protestiert. Es war die erste Demonstration seit der Verhängung des Ausnahmezustands am 7. November.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 30. November 2007