KNUT MELLENTHIN

Funktionen für die Darstellung

Darstellung:

Seitenpfad

Schwierige Verhandlungen über neue Sanktionen gegen Iran

In Washington wollen am 21. September Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschlands über das weitere Vorgehen im Streit um das iranische Atomprogramm beraten. Es handelt sich um ein Arbeitstreffen von Fachleuten, nicht um einen Außenministergipfel. Das deutet darauf hin, dass noch ein längerer Weg bis zu einer Einigung zurückzulegen sein dürfte.

Die USA und die Europäische Union wollen eine neue Resolution des Sicherheitsrats mit verschärften Strafmaßnahmen durchsetzen. Am 23. Dezember 2006 hatte das höchste Gremium der Vereinten Nationen erstmals Sanktionen gegen Iran beschlossen. Die Regierung in Teheran soll dadurch gezwungen werden, alle mit der Uran-Anreicherung in Zusammenhang stehenden Arbeiten einzustellen. Nachdem die gesetzte Frist von 60 Tagen verstrichen war, erweiterte und verschärfte der Sicherheitsrat am 24. März die Strafmaßnahmen. Die Frist endete am 23. Mai. Alle Versuche der USA und der EU, danach noch weiter an der Sanktionsschraube zu drehen, scheiterten bisher am Widerstand Russlands und Chinas. Ihre Bedenken gegen eine Verschärfung der Konfrontation werden auch vom Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed elBaradei, geteilt.

Hauptpunkte der jetzt schon geltenden Sanktionen sind:

  • Es dürfen keine Güter an den Iran geliefert werden, die mit der Uran-Anreicherung oder dem Bau eines Schwerwasser-Reaktors zu tun haben. Ausdrücklich ausgenommen von dem Verbot sind die Arbeiten russischer Unternehmen an einem Reaktor in Natanz. Allerdings zögert Russland unter amerikanischem Druck dessen schon vor Jahren versprochene Fertigstellung immer weiter hinaus.
  • Es dürfen keine Güter an den Iran geliefert werden, die mit der Herstellung ballistischer Raketen in Zusammenhang stehen.
  • Iran darf keine Waffen exportieren. Kein Land darf iranische Waffen einführen oder zulassen, dass sich seine Staatsbürger direkt oder indirekt am Transport iranischer Waffen beteiligen.
  • Das Auslandsvermögen aller iranischen Unternehmen und Banken, die direkt oder indirekt mit der Uran-Anreicherung, dem Bau eines Schwerwasser-Reaktors oder der Entwicklung ballistischer Raketen zu tun haben, wird "eingefroren". Die Liste ist sehr weit gefasst und enthält unter anderem die Großbank Sepah. Ebenfalls "eingefroren" sind die Auslandskonten dreier namentlich genannter Unternehmen, die angeblich von den Revolutionsgarden kontrolliert werden.
  • Alle Auslandsreisen namentlich genannter Iraner, die mit der Atomwirtschaft, der Raketenproduktion oder den Revolutionsgarden in Zusammenhang stehen, sollen "zurückhaltend" gehandhabt und einer UN-Kommission gemeldet werden.
  • Alle Staaten sind aufgerufen, bei Waffenlieferungen an den Iran "Zurückhaltung und Wachsamkeit" zu üben.
  • Alle Staaten und internationalen Finanzinstitutionen sind aufgerufen, keine neuen Anleihen oder sonstige Finanzhilfen für den Iran zu vereinbaren. Ausgenommen sind "humanitäre Aufgaben".

Die Entwürfe der USA und der EU für neue Sanktionen sehen unter anderem vor, alle Waffenimporte in den Iran zu verbieten. Das soll auch für Waffen gelten, die nur der Selbstverteidigung dienen, wie etwa die von Russland gelieferten Luftabwehrraketen. Weitere Banken sollen auf die schwarze Liste gesetzt werden. Ziel ist, den iranischen Außenhandel praktisch lahm zu legen, indem finanzielle Transaktionen unmöglich gemacht werden.

Gleichzeitig ist die US-Regierung seit einem Jahr bemüht, ihre NATO-Verbündeten zu Wirtschaftssanktionen anzuhalten, die über die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats weit hinausgehen. Den USA geht es vor allem darum, Auslandsinvestitionen zur Modernisierung der iranischen Erdöl- und Erdgasindustrie zu verhindern. Deutschland, Großbritannien und seit dem Regierungswechsel auch Frankreich sind schon weitgehend auf diesen Kurs eingeschwenkt. Das erschwert aber auf der anderen Seite eine Einigung mit Russland und China im Sicherheitsrat.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 21. September 2001