KNUT MELLENTHIN

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Israel will "Rechnung begleichen"

Schnelle Beschuldigungen gegen Iran nach Angriff auf israelische Urlauber in Bulgarien.

Nach dem tödlichen Anschlag auf israelische Touristen in Burgas hat der bulgarische Außenminister vor voreiligen Schlussfolgerungen gewarnt. „Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen“, sagte Nikolai Mladenow am Donnerstag. Es sei falsch, jetzt schon irgendwelche Länder oder Organisationen zu beschuldigen.

Die Kritik richtete sich unausgesprochen, aber klar erkennbar gegen Benjamin Netanjahu, der schon 20 Minuten nach dem Attentat Vergeltungsschläge gegen Iran angekündigt hatte. „Alle Zeichen deuten auf den Iran“, hieß es in einer am Mittwoch verbreiteten Stellungnahme des israelischen Premierministers. „Der todbringende iranische Terrorismus setzt seine Angriffe gegen unschuldige Menschen fort. Es handelt sich um eine iranische Terroroffensive, die sich über die gesamte Welt ausbreitet. Israel wird kraftvoll zurückschlagen.“

Geringfügig von der Linie seines Regierungschefs abweichend verkündete Verteidigungsminister Ehud Barak am Donnerstag: „Unmittelbar Ausführende waren die Hisbollah-Leute, die natürlich ständig vom Iran unterstützt werden.“ Israel werde „die Rechnung begleichen“. Da verschiedenste israelische Stellen beteuern, es habe keinerlei Hinweise auf eine bevorstehende Terroraktion in Bulgarien gegeben und da bisher offenbar weder über den Täter noch über seinen Hintergrund Erkenntnisse vorliegen, verblüfft die Schnelligkeit und Bestimmtheit der Schuldzuweisungen aus Jerusalem.

Bei dem Anschlag im Schwarzmeer-Urlaubsort Burgas kamen am Mittwoch fünf israelische Touristen, ein bulgarischer Busfahrer und der mutmaßliche Attentäter ums Leben. 34 Verletzte wurden am Donnerstag nach Israel ausgeflogen. Die Urlauber waren kurz vor dem Anschlag mit dem Flugzeug angekommen und sollten mit dem Bus zu ihren Hotels gebracht werden. Der Anschlag ereignete sich noch auf dem Parkplatz des Flughafens. Ungewiss ist, ob der Attentäter den Bus bestieg und einen Rucksack mit Sprengstoff im hinteren Gepäckteil verstaute, wie die bulgarischen Behörden vermuten, oder ob er sich außerhalb des Busses in die Luft sprengte, wie israelische Überlebende aussagten. Angeblich soll er einen gefälschten US-amerikanischen Führerschein mitgeführt haben, der in Michigan ausgestellt war.

Die meisten iranischen Medien meldeten den Anschlag nur kurz. In einem Kommentar des Fernsehsenders PressTV wurden die Anschuldigungen gegen Iran ohne weitere Begründung als „lächerlich“ zurückgewiesen. Tatsächlich ist jedoch die Abfolge von Anschlägen oder Anschlagversuchen in diesem Jahr, in die Iraner nachweislich oder mutmaßlich verwickelt waren, unübersehbar: "Other reports in the media claimed a group consisting of three people were offered $150,000 by Iran to assassinate Israel's Ambassador to Azerbaijan Michael Lotem.Two of the suspects were said to be in held in custody."

Im Februar wurden am selben Tag Bombenanschläge gegen israelische Diplomaten im georgischen Tiflis und im indischen Delhi unternommen.

Einen Tag später wurden in der thailändischen Hauptstadt Bangkok mehrere in einem Haus zusammenlebende Iraner verhaftet, nachdem einer von ihnen durch die Explosion seiner eigenen Bombe schwer verletzt worden war.

Im März meldete Aserbaidschan die Festnahme von 22 Personen, die angeblich im Auftrag der iranischen Revolutionsgarden Anschläge gegen die Botschaften der USA und Israels sowie gegen die Erdölgesellschaft BP geplant und vorbereitet hatten. Schon im Januar waren in Baku zwei Männer verhaftet worden, die einer „vom Iran unterstützten Terror-Zelle“ angehört haben sollen. Ihnen wurde die Planung von Anschlägen gegen jüdische Einrichtungen vorgeworfen.

Am 2. Juli gaben die kenianischen Behörden die Festnahme von zwei Iranern bekannt, die Anschläge gegen israelische, US-amerikanische, britische „oder“ saudi-arabische Einrichtungen geplant haben sollen. Nach Angaben der Kenianer wurden bei den beiden eine erhebliche Menge Sprengstoff gefunden.

Jüngster Vorfall in dieser Kette war die Festnahme eines aus dem Libanon stammenden Mannes mit einem möglicherweise gefälschten schwedischen Pass im zypriotischen Limassol am 7. Juli. Angeblich hatte er Urlaubsziele israelischer Touristen ausgekundschaftet.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 20. Juli 2012