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Heiße Luft
Gerüchte um geplante amerikanisch-israelische Militärübung sollen Verhandlungen mit dem Iran stören.
Israel setzt seinen Propagandakrieg gegen Iran fort. Alle bedeutenden Medien des Landes berichteten am Donnerstag über eine gemeinsame Militärübung mit den USA, die angeblich im Mai 2014 stattfinden soll. Überall wurde aufdringlich darauf hingewiesen, dass dies genau der Zeitraum sei, in dem das in Genf vereinbarte sechsmonatige Moratorium zwischen dem Iran und der Sechsergruppe endet. Damit solle den Iranern signalisiert werden, „dass der Westen die militärische Option weiter aufrecht erhält, falls sich die Notwendigkeit ergeben sollte, der Islamischen Republik eine Atombombe zu verweigern“, hieß es beispielsweise in der Jerusalem Post. Die englischsprachige Tageszeitung gehörte bis 2004 zum Pressekonzern des neokonservativen kanadischen Geschäftsmanns Conrad Black und steht auch nach dem Verkauf an einen israelischen Eigentümer auf dem rechten Flügel des politischen Spektrums.
Die Meldung über das geplante Kriegsspiel geht auf einen Artikel des US-amerikanischen Nachrichtenmagazins Time zurück und wurde offenbar von einer nicht zu identifizierenden israelischen Dienststelle in die Welt gesetzt. Da die Militärzensur manchmal recht streng sein kann, gehen interessierte israelische Kreise gern den Weg, solche Geschichten zunächst über befreundete ausländische Journalisten zu lancieren. Anschließend kann den israelischen Medien niemand verwehren, daraus zu zitieren.
Im aktuellen Fall lief die Nachrichtenwäsche über Karl Vick, den Jerusalemer Bürochef der Time, und den israelisch-amerikanischen Journalisten Aaron Klein. Letzterer hat sich einen Namen durch mehrere Tendenzbücher über die angeblichen Verbindungen von US-Präsident Barack Obama zu „Kommunisten, Sozialisten und anderen antiamerikanischen Extremisten“ gemacht. Ihr umfangreicher Artikel in der jüngsten Ausgabe der Time enthält zum Thema der Headline, der amerikanisch-israelischen Militärübung im nächsten Jahr, keine wesentlichen Details. Die einzige zitierte Quelle ist „ein hochrangiger israelischer Offizier“, dessen Name nicht preisgegeben wird. Außer der mageren Mitteilung, dass es sich um ein „großes“ Kriegsspiel handeln solle, und der Zeitangabe „Mai“ hat der fragwürdige Informant anscheinend nur eigene Ansichten, Vermutungen und Banalitäten zum Besten gegeben. Für die Erkenntnis, dass es „die strategische Entscheidung“ der israelischen Regierung sei, „weiter Lärm zu machen“, hätte es der Hilfe dieser hochrangigen Quelle nicht bedurft.
Gemeinsame Militärübungen US-amerikanischer und israelischer Streitkräfte finden routinemäßig mehrmals im Jahr statt. Dass hinter dem angeblich im Mai 2014 geplanten Kriegsspiel eine ganz spezielle Absicht oder gar Drohung stecke, ist pure Interpretation. Sie ist im Artikel von Vick und Klein schon angelegt und wurde von vielen israelischen Kommentatoren noch eigenhändig liebevoll ausgeschmückt. Offenbar sollen dadurch die Iraner nervös gemacht und die Obama-Administration kompromittiert werden.
Immerhin hatten die Time-Autoren auch beim zuständigen Europa-Kommando der US-Streitkräfte nachgefragt und dort die Auskunft erhalten, die Übung sei unabhängig von konkreten Ereignissen in der Region geplant. Hinsichtlich des Umfangs des Manövers befinde man sich noch im Planungsstadium.
Dass das Moratorium im Mai 2014 endet, ist übrigens eine falsche Annahme: Der Zeitraum von sechs Monaten, den dieses gelten soll, hat noch gar nicht begonnen. Weder können die iranischen Techniker alle Zusagen von einer Stunde auf die andere umsetzen, noch lassen sich die von den USA und der EU versprochenen Sanktionserleichterungen ohne weiteres realisieren. Sprecher der US-Regierung haben deutlich gemacht, dass zunächst wieder Expertengespräche geführt werden sollen und dass ein Termin für den Beginn des Moratoriums definitiv noch nicht feststeht.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 30. November 2013