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Auslaufmodell
Das klassische Mitglied des US-Kongresses, das innerlich die Hacken zusammenschlägt, sobald Israels Regierung oder ihre Lobby einen Wunsch äußern, scheint aus der Mode zu kommen. Das ist für israelische Politiker und US-amerikanische Lobbyisten ein schmerzhafter Einschnitt. Allzu sehr hatte man sich darauf verlassen, sogar auf einer Papierserviette in wenigen Stunden die Unterschriften von 80 US-Senatoren sammeln zu können, wie ein führender Vertreter der offiziellen Lobby-Organisation AIPAC vor einigen Jahren gehöhnt hatte.
Zu den letzten Fossilen einer untergehenden Epoche gehört der republikanische Senator Mark Kirk aus Illinois. Der 54Jährige ist seit 13 Jahren Kongressmitglied und rühmt sich, in dieser Zeit an vielen Sanktionsresolutionen gegen den Iran maßgeblich mitgeschrieben zu haben. Gegenwärtig ist er an der Vorbereitung einer neuen Entschließung beteiligt, die allerdings erst in Kraft treten soll, wenn das am Wochenende vereinbarte Moratorium mit dem Iran zusammenbricht.
Kirk hat sich überhaupt nur um einen Sitz im Senat beworben, weil er „sich total dem Überleben Israels im 21. Jahrhundert hingeben“ will. Das behauptet er zumindest selbst. Mit Erfolg: Eine Liste für das Jahr 2010 zeigt, dass er von der Lobby mehr Geld bekommen hat als irgendein anderes Kongressmitglied. 640.000 Dollar. Und das betrifft nur die offiziellen, legalen Zahlungen.
Kirk vertraut unbesehen den „Informationen“, die ihm israelische Politiker oder Geheimdienstler geben. Deshalb ist er nachhaltig wütend auf die Verhandlungsführerin der USA in den Iran-Gesprächen, Wendy Sherman. Sie hatte ihm geraten, nicht alles zu glauben, was ihm die Israelis mitteilen. Einiges davon sei „ungenau und übertrieben“. Konkret ging es dabei um die israelische Behauptung, die Iran versprochenen Sanktionserleichterungen lägen im Bereich von 20 bis 30 Milliarden Dollar. Die US-Regierung selbst beziffert die Summe auf 7 Milliarden.
Kirk hält diese Richtigstellung für „ziemlich anti-israelisch“. „Wenn Sie dem amerikanischen Volk erzählen wollen, dass israelische Informationen schlecht sind, dann wird das nicht funktionieren“, fuhr er Sherman an. Aber in Wirklichkeit ist seine Art, Israel durch blinden Glauben und Gehorsam dienen zu wollen, vermutlich ein Auslaufmodell.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 26. November 2013