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Abgeordnete wollen Hochprozentiges
Im Iran verstärkt sich angesichts der Provokationen aus Washington die Kritik am Genfer Abkommen.
Iran reagiert auf die US-amerikanischen Angriffe gegen das Genfer Atom-Abkommen. Am Mittwoch brachten 100 der 290 Abgeordneten des iranischen Parlaments eine Gesetzesvorlage ein, die die Regierung verpflichten soll, im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen die maximale Uran-Anreicherung von gegenwärtig 20 auf 60 Prozent zu erhöhen. Angeblich soll dadurch Material für die Produktion von Treibstoff für nukleargetriebene U-Boote und andere Schiffe gewonnen werden – die Iran allerdings weder besitzt noch im Bau hat. Der Antrag ist mit der sogenannten „doppelten Dringlichkeitsstufe“ markiert. Das bedeutet, dass er auf Platz 1 der Tagesordnung des Parlaments vorrückt.
Die US-Regierung hatte zuvor bestehende Strafmaßnahmen gegen iranische Unternehmen und Personen, insbesondere aber gegen iranische Öltanker, ausgeweitet. Das war im Iran als „Verstoß gegen den Geist des Genfer Abkommens“ scharf kritisiert worden. Außerdem haben Vertreter der Obama-Adminstration, in erster Linie Außenminister John Kerry, als offensichtliche Gefälligkeit gegenüber Israel und seiner US-amerikanischen Lobby zentrale Punkte der Genfer Vereinbarungen widerrufen oder aggressiv in Frage gestellt. 26 Senatoren beider großen Parteien hatten in der vorigen Woche ein Gesetz angeschoben, das Barack Obama die Durchführung des Genfer Abkommens praktisch unmöglich machen soll.
Das 60-Prozent-Thema ist nicht ganz neu. Der damalige Leiter der Iranischen Atomenergie-Behörde (AEOI), Fereidun Abbasi, hatte schon im Juli 2012 öffentlich darüber gesprochen, dass Iran über die erforderliche Technologie und das technische Wissen verfüge, um nuklearen Treibstoff sowohl für Handelsschiffe als auch für militärische U-Boote herzustellen. Etwas ähnliches hatte das Wall Street Journal schon im Juni 2012 berichtet. Nicht ohne jedoch gleichzeitig anzumerken, dass Iran nach dem Urteil von Experten nicht in der Lage sei, nukleargetriebene Schiffe zu konstruieren. Die dazu erforderlichen Bausysteme besäßen nur eine Handvoll von Ländern, schrieb die neokonservative Tageszeitung damals; hauptsächlich seien das die USA, Russland und China. Andererseits hat Iran jedoch, gerade unter dem immer schärferen Druck der Sanktionen, eine Reihe technologischer Sprünge geschafft, die im westlichen Ausland zuvor als unmöglich erklärt worden waren.
Das iranische Parlament befasste sich im Oktober 2012 erstmals mit einer förmlichen Initiative, die Regierung für den Fall eines Scheiterns der internationalen Verhandlungen auf die Produktion von 60-prozentig angereichertem Uran zu verpflichten. Praktisch wurde daraus damals nichts, weil das Parlament als Kollektiv sich zumeist der strategischen Linie der Staatsführung unterordnet, auch wenn sich einzelne Abgeordnete gern mal mit exzentrischen Äußerungen profilieren.
Die heftigen Querschüsse aus USA haben im Iran den Skeptikern Auftrieb gegeben. Iranische Medien berichteten am Mittwoch, dass der frühere AEOI-Chef Abbasi in einem Radio-Interview das Verhalten der Delegation seines Landes in Genf als „überhastet“ kritisiert habe. Sie hätten „den Weltmächten viele Zugeständnisse gemacht“. Ihre Zusage, den Grad und das Ausmaß der Uran-Anreicherung zumindest zeitweise einzuschränken, schade der „nationalen Entschlossenheit“ Irans, „die Atomtechnologie zu meistern“. Die „zweideutige und passive“ Atompolitik von Präsident Hassan Rouhani untergrabe die Willenskraft der iranischen Nation.
Tatsächlich deuten einige Berichte darauf hin, dass viele iranische Atomwissenschaftler, die in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit geleistet haben, jetzt enttäuscht und teilweise auch verbittert darüber sind, dass ihre Ergebnisse im Zuge eines fragwürdigen Tauschhandels preisgegeben werden. Dabei sind weder die versprochenen Sanktionserleichterungen noch die angebliche Anerkennung des iranischen „Rechts auf Anreicherung“ durch die USA und ihre Verbündeten in Sicht.
Knut Mellenthin
27. Dezember 2013