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"Nichts anderes als ein Mordkomplott"
Deutsche Politiker empört über angebliche Mordpläne der CIA gegen Hamburger Kaufmann. US-Geheimdienst wollte Darkazanli 1999 als Agenten anwerben.
Auffallend heftig haben deutsche Politiker am Montag auf Berichte reagiert, wonach die CIA im Jahre 2004 versucht haben soll, den Hamburger Kaufmann Mamoun Darkazanli wegen angeblicher „Terrorkontakte“ zu ermorden. Das war, versteckt in einem mehrere Seiten langen Artikel, in der jüngsten Ausgabe des US-amerikanischen Magazins Vanity Fair behauptet worden, der schon vor Weihnachten im Internet zu lesen war, aber in Deutschland erst jetzt Beachtung fand.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, forderte daraufhin, das Bundesinnenministerium müsse in der nächsten Sitzung des Innenausschusses einen Bericht über seine Erkenntnisse zu dem Zeitungsbericht abgeben. „Wenn sich das bestätigt, war es nichts anderes als ein Mordkomplott. (…) Wenn auch nur ein Fünkchen davon wahr ist, dann wackelt hier die Wand“, drohte der SPD-Parlamentarier.
Empört gab sich auch sein CDU-Kollege Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag: „Das wäre atemberaubend. (…) Wir werden die Bundesregierung fragen, welche Erkenntnisse ihr dazu vorliegen.“
Die hat indessen schon hilflos mit den Schultern gezuckt. „Mir ist dazu nichts bekannt“, zitierte Spiegel Online am Montag den stellvertretenden Regierungssprecher Christoph Steegmans. „Uns liegen und lagen keine Erkenntnisse zu dem Fall vor“ bekundete das Bundesinnenministerium gegenüber dem Nachrichtenmagazin. Auch die Hamburger Innenbehörde und das Landesamt für Verfassungsschutz haben nach eigenen Aussagen „keine Erkentnisse“.
Die vorbeugende Aufregung von CDU und SPD ist also billig zu haben und wird voraussichtlich zu nichts führen, zumal die Nachrichtenlage denkbar dünn ist: Vanity Fair stützte seine Darstellung über die Hamburger Mordaktion nur auf die Aussagen eines einzigen anonymen Zeugen, der als „mit dem Programm vertraute Quelle“ umschrieben wurde. Wobei mit „Programm“ eine nach dem 11. September 2001 von Präsident George W. Bush angeordnete Mord-Kampagne der CIA gemeint ist, deren Ausführung zu großen Teilen dem Privatunternehmen Blackwater übertragen wurde. Gerade angesichts der Schwäche der Behauptung des US-Magazins macht die eilige Reaktion der Berliner Politiker deutlich, dass man dem „großen Bruder“ jenseits des Atlantiks wirklich das Allerschlimmste zutraut – und aufgrund von Insiderwissen über dessen Methoden wohl auch Allen Grund für diese Annahme hat.
Interessant sind in diesem Zusammenhang die früheren Berichte, wonach die CIA im Jahre 1999 versucht haben soll, den aus Syrien stammenden Darkazanli als Agenten abzuwerben. Wie die Chicago Tribune am 16. November 2002 in einem ausführlichen Artikel behauptete, soll es deswegen zu heftigen Auseinandersetzungen mit deutschen Behörden gekommen sein. Nach deutschem Recht dürfen ausländische Dienste hierzulande nicht selbstständig rekrutieren. Deshalb sei, der Tribune zufolge, das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz zwei Mal stellvertretend für die CIA an den Im- und Exportkaufmann, der infolge einer Heirat deutscher Staatsbürger ist, herangetreten. Da dies ebenso erfolglos blieb wie später die Einschaltung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, scheint die CIA danach doch noch auf eigene Faust aktiv geworden zu sein, ohne jedoch Darkazanli für sich gewinnen zu können.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 6. Januar 2010