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Rückkehr zum Dialog
USA und China wollen Militärkontakte wieder aufnehmen. US-Demokraten nutzen China als Sündenbock im Wahlkampf.
Ohne viel Aufsehen haben die USA und China eine Wiederaufnahme des militärischen Dialogs und Austausches vereinbart. Dazu gehören eine jährliche Beratung über die Sicherheit auf den Meeren sowie Treffen zwischen Militärs und Verteidigungspolitikern beider Länder. China hatte die Kontakte im Januar demonstrativ abgebrochen, nachdem die US-Regierung Waffenverkäufe im Gesamtwert von 6,4 Milliarden Dollar an Taiwan angekündigt hatte. Hauptinhalt des Rüstungspakets sollen Black-Hawk-Kampfhubschrauber und das Luftabwehr-System Patriot sein. Unter anderem blockierte Peking daraufhin auch einen geplanten Besuch von US-Kriegsminister Robert Gates im Juni.
Nach amerikanischen Angaben, die von chinesischer Seite nicht dementiert wurden, ist das nächste geplante Ereignis ein Treffen von Militärs beider Seiten auf Hawai, das Mitte Oktober stattfinden soll. Später im Jahr wollen hochrangige Vertreter beider Seiten zu Beratungsgesprächen in Washington zusammenkommen. Dass der Dialog „zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft“ wieder aufgenommen werden soll, bestätigte der Leiter der Außenpolitischen Abteilung des chinesischen Verteidigungsministeriums, Qian Lihua, am Dienstag voriger Woche. Vorausgegangen war ein zweitägiger Besuch von Michael Schiffer, stellvertretender Unterstaatssekretär für Ostasien im Pentagon.
Mit einer Entspannung der Beziehungen war bereits gerechnet worden, nachdem der chinesische Regierungschef Wen Jiabao am Rande der UNO-Vollversammlung in New York eine offizielle Einladung an Gates „zu einem passenden Zeitpunkt“ ausgesprochen hatte. Zuvor hatten sich am 8. September in Peking der stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Militärkommission Chinas und der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Thomas Donilon, getroffen.
Gleichzeitig deponierte das amerikanische Abgeordnetenhaus einen Sprengsatz gegen die umfangreichen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Am Mittwoch voriger Woche verabschiedete eine klare Mehrheit der Parlamentarier den Currency Reform for Fair Trade Act, der protektionistische Zölle auf chinesische Importe erleichtern soll. 348 Abgeordnete stimmten der Vorlage zu, 79 lehnten sie ab. Es gab außerdem sechs Enthaltungen. Das Gesetz war mit viel Propagandalärm von den Demokraten eingebracht worden, die im Namen der amerikanischen Arbeiter zu sprechen vorgeben. Die Mehrheit der Republikaner, 99 Abgeordnete, stimmte zu, während 74 dagegen votierten. Die Gegner des Gesetzes berufen sich in erster Linie auf Stimmen aus Unternehmerkreisen, die vor den Folgen eines Wirtschaftskriegs der USA gegen China warnen.
Die Befürworter des „Fair-Trade“-Act behaupten, dass China seine Währung künstlich niedrig halte, um den Wettbewerb zu verzerren und sich unstatthafte Vorteile für seine Exporte zu verschaffen. Sowohl die fortschreitende Entindustrialisierung der USA – mit der Folge einer offiziellen Arbeitslosenrate von fast 10 Prozent – als auch die sprunghaft wachsende Verschuldung des Landes werden der angeblichen Unterbewertung des Yuan zugeschrieben. Die Führung der Demokraten behauptet, ein „fairer“ Wechselkurs würde eine Million neue Jobs schaffen und das Defizit der USA im Handel mit China um 100 Milliarden Dollar jährlich verringern.
Das Gesetz bedarf allerdings noch der Zustimmung des Senats, der sich voraussichtlich erst nach den am 2. November anstehenden Halbzeitwahlen damit befassen wird. In China wird der Vorstoß der Demokraten deshalb hauptsächlich als Wahlkampfblase interpretiert.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 6. Oktober 2010