KNUT MELLENTHIN

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Verstärkte militärische Einmischung der USA in Pakistan

Die USA wollen sich verstärkt in die Finanzierung, Ausrüstung und Ausbildung des pakistanischen Frontier Corps (FC NWFP) einschalten, das im Nordwesten des Landes zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt wird. Das gaben zwei Pentagon-Sprecher am Montag in Gesprächen mit Journalisten bekannt.

Nach diesen Angaben standen dem US-Verteidigungsministerium im abgelaufenen Finanzjahr 52,6 Millionen Dollar zur Verfügung. Davon sollten acht Bataillone der Grenztruppe ausgerüstet und ein Ausbildungszentrum eingerichtet werden. Ein Bataillon (battalion) hat im Sprachgebrauch des US-Militärs zwischen 500 und 1000 Mann. Im laufenden Finanzjahr hat die US-Regierung 97 Millionen Dollar für das Programm zur Unterstützung des FC NWFP beantragt; die Zustimmung des Kongresses steht aber noch aus. Von diesem Geld sollen unter anderem vier weitere Bataillone aufgestellt werden, und es soll ein Hauptquartier der Truppe eingerichtet werden. Das Pentagon würde gern auch Ausbilder schicken, doch stößt das traditionell bei der pakistanischen Armee auf wenig Sympathie.

Das Frontier Corps wurde 1907 von der britischen Kolonialmacht geschaffen und nach der Unabhängigkeit Pakistans 1947 in gewandelter Form beibehalten. Einsatzgebiete des Grenzkorps sind die Nordwest-Grenzprovinz und Baluschistan. Zusammen zählt die Truppe 80.000 Mann und soll auf 100.000 aufgestockt werden. Die Kräfte in den beiden Provinzen sind strikt voneinander getrennt und haben auch eine völlig unterschiedliche Struktur. Im Gegensatz zum FC Balutschistan, das sich hauptsächlich aus Gebietsfremden zusammensetzt, werden die Soldaten des FC NWFP aus den einheimischen Stämmen rekrutiert. Allerdings kommen die Offiziere fast ausschließlich aus anderen Gebieten Pakistans.

Die Stämme der Nordwest-Grenzprovinz sind verpflichtet, dem Frontier Corps jeweils eine bestimmte Zahl Rekruten zur Verfügung zu stellen. Die Soldaten des FC NWFP werden schlecht bezahlt, sind mangelhaft ausgerüstet und zumeist nur notdürftig ausgebildet. Deshalb wird die offizielle Linie des Pentagon, dem Corps zwar Helme, Funkgeräte, vielleicht auch Nachtferngläser, aber keinesfalls Waffen zu liefern, kaum durchzuhalten sein.

Auf der anderen Seite besteht das Risiko, dass alles, was von den USA geliefert wird, schnell seinen Weg zu den Stammesmilizen oder sogar zu den regionalen Taliban finden kann. Was aus Sicht des Pentagon die Attraktivität des Frontiers Corps im Nordwesten ausmacht - die Verwurzelung der Soldaten in der Bevölkerung, ihre genau Kenntnis der örtlichen Verhältnisse - ist auch seine Schwäche. Die Soldaten sind zum Krieg gegen ihre eigenen Leute schlecht motiviert, auf ihre Loyalität gegenüber der Zentralregierung, geschweige denn gegenüber den USA, ist kein Verlass. Durch die internationalen Medien ging ein Vorfall im August: Damals ergaben sich 300 Mann des Frontiers Corps den Islamisten, ohne dass ein Schuss abgefeuert wurde. Sie wurden inzwischen alle freigelassen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 21. November 2007