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Weltkrieger im Außenministerium

Vom "Tod der Neocons" war seit der Abstrafung der US-Regierung bei der Kongresswahl im November viel die Rede. Tatsächlich haben die Neokonservativen den Verlust mehrerer wichtiger Ämter zu beklagen. Der Letzte, der sich ins Privatleben verabschieden musste, war UNO-Botschafter John Bolton. Der krawallige Hardliner nutzt jetzt seine neue Freiheit, um die amerikanischen Politik gegenüber Nordkorea als viel zu weich zu kritisieren.

Dass die Neocons noch nicht wirklich am Ende sind, zeigt die am Wochenende bekannt gewordene Berufung von Eliot Cohen zum Sonderberater des Außenministeriums - eines der wichtigsten Ämter gleich hinter Chefin Condoleezza Rice. Man sollte sich nicht davon irreführen lassen, dass Cohen jetzt in manchen Medien als "Kritiker der US-Politik im Irak" bezeichnet wird. Er pflegt lediglich, wie bei Neocons üblich, die Dolchstoßlegende: "Im Felde unbesiegt, an der Heimatfront verraten", wie es bei den deutschen Rechten nach dem Ersten Weltkrieg hieß. Der goldrichtige Krieg im Irak sei durch unfähige Bürokraten vermasselt worden, lautet das Urteil. Die Neokonservativen, die am meisten zu diesem Krieg gehetzt haben, trifft keine Schuld.

Cohen, derzeit Dozent für Militärgeschichte an der Johns Hopkins School, ist Fachmann. Allerdings nicht für Außenpolitik, wo er bar jeder Erfahrung ist, sondern für Krieg. Nach dem ersten Irak-Krieg 1991 leitete er die wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse des Luftkrieges. 1997 gehörte er, wie viele prominente Neokonservative, zu den Gründungsmitgliedern des Project for the New American Century. Ziel: Die Verewigung der Vorherrschaft der USA als einzige imperialistische Macht von Weltrang.

Für einen gewaltsamen "Regimewechsel" im Iran wirbt Cohen schon seit dem 11. September 2001. Er war kurz nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon der erste, der öffentlich den Begriff "World War IV", Vierter Weltkrieg, ins Spiel brachte. Der Feind: die gesamte moslemische Welt. Dauer: mehrere Jahrzehnte.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. März 2007