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Verhandeln übers Verhandeln

Iran schlägt Ort und Termine für nächstes Treffen vor. Sechsergruppe zieht sich zur Beratung zurück.

Das Tauziehen um Ort, Zeitpunkt und Inhalt der nächsten Begegnung zwischen dem Iran und den 5+1 (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA) geht weiter. Die Außenpolitik-Verantwortliche der EU, Catherine Ashton, die im Auftrag der 5+1 den Kontakt nach Teheran hält, hat noch nicht auf den jüngsten Brief des iranischen Chefunterhändlers reagiert. Said Jalili hatte am Dienstag vorgeschlagen, sich am 23. November oder 5. Dezember in der Türkei zu treffen. Jalili stellte gleichzeitig noch einmal klar, dass Iran nicht länger bereit ist, sein ziviles Atomprogramm mit den 5+1 zu diskutieren.

Die Sechsergruppe verlangt wesentliche Einschnitte in das iranische Atomprogramm, für die es keinerlei Rechtsgrundlage gibt. Diese Forderungen, mittlerweile in vier Sanktionsresolutionen des UN-Sicherheitsrates festgeschrieben, sind für die 5+1 von vornherein nicht verhandelbar. Iran schlägt deshalb vor, über Fragen von gemeinsamem Interesse zu diskutieren, wie etwa Stabilität und Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten.

Aus den bisherigen Äußerungen zeichnet sich ab, dass die US-Regierung und demzufolge höchstwahrscheinlich auch die EU nicht bereit sind, die Türkei als Schauplatz des nächsten Treffens zu akzeptieren. Offenbar sehen sie es als Gefahr an, dass die Türkei, die zum iranischen Atomprogramm eine völlig andere Haltung einnimmt als die Sechsergruppe, auf diese Weise mit an den Verhandlungstisch geholt werden könnte. Ashton hat bisher auf Wien als Tagungsort orientiert.

Für die US-Regierung erklärte Außenministeriumssprecher Philip Crowley, als er am Dienstag während einer Pressekonferenz auf den Türkei-Vorschlag angesprochen wurde: „Wir möchten gern, dass es eine ganze Reihe von Treffen gibt. Diese könnten an verschiedenen Orten stattfinden. Wir sind also für eine Vielzahl von Ideen offen.“ - Zur unmissverständlichen Weigerung Irans, sein ziviles Atomprogramm zur Diskussion zu stellen, behauptete Crowley zunächst, das sei „eine hypothetische Frage“, zu der er nicht Stellung nehmen wolle. Er rang sich dann jedoch zu der Auskunft durch, diese iranische Position sei möglicherweise gar nicht ernst gemeint: „Wie ich mich erinnere, gab es ähnliche öffentliche Äußerungen vor dem Treffen im letzten Jahr, aber als wir dann zusammenkamen, war das Atom-Thema trotzdem von herausragender Bedeutung.“

Nach der Wahlniederlage der US-Demokraten vom 2. November drängen republikanische Publiker auf einen härteren Konfrontationskurs gegen Iran. Während eines „Internationalen Sicherheitsforums“ im kanadischen Halifax forderte Senator Lindsey Graham einen Luftkrieg gegen Iran: „Nicht nur, um ihr Atomprogramm zu neutralisieren, sondern auch, um ihre Flotte zu versenken, ihre Luftwaffe zu zerstören und den Revolutionsgarden einen entscheidenden Schlag zu versetzen.“ Auf der selben Konferenz rief Senator John McCain Präsident Barack Obama auf, „irgend etwas dramatisch anderes“ als die bisherige Sanktionspolitik gegen Iran zu unternehmen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 12. November 2010