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USA: Wahl ohne Auswahl

Am heutigen Donnerstag beginnt die zweite Phase des großen Rennens um den Posten des 44. Präsidenten der USA: In Iowa startet die Reihe der Vorwahlen in den 50 Bundesstaaten. Fünf Tage später folgt New Hampshire. Beides sind relativ kleine Staaten. In der Bevölkerungszahl liegt Iowa an 30. und New Hampshire an 41. Stelle. Die erste Vorwahl in einem der strategisch wichtigen Bundesstaaten findet am 29. Januar in Florida statt. Von zentraler Bedeutung ist der Super Tuesday, der in diesem Jahr auf den 5. Februar fällt. Dann gibt es Vorwahlen in 23 Staaten, darunter Kalifornien und New York. Meistens wird am Super Tuesday klar, wen Demokraten und Republikaner als Kandidaten für die Wahl im November ins Rennen schicken werden. In vielen Staaten finden die Vorwahlen jedoch erst später statt. Die letzten dieses Jahres sind am 3. Juni in South Dakota und New Mexiko.

Die Regeln, nach denen sich die Vorwahlen abspielen, unterscheiden sich in den einzelnen Staaten und auch zwischen den beiden Parteien erheblich. Einfach gesprochen kann sich in der Regel jede Bürgerin, jeder Bürger, die oder der zum Zeitpunkt der Präsidentenwahl 18 ist, an den Vorwahlen beteiligen. Allerdings jeweils nur bei einer der beiden Parteien.

In einigen Staaten, darunter Iowa, finden anstelle der Vorwahlen (primaries) sogenannte caucuses, eine Art Wählerversammlungen, statt. Deshalb ist offiziell nicht Iowa, sondern New Hampshire die Nummer Eins im Reigen der Vorwahlen, wie es ein Gesetz dieses Bundesstaates vorschreibt. Während beim Caucus der Republikaner in Iowa geheim abgestimmt wird, sind die Versammlungen der Demokraten dort ein geselliges Ereignis, bei dem öffentlich Farbe bekannt wird: Die Anhänger der einzelnen Kandidaten formieren sich im Versammlungsraum zu Gruppen, die sich im persönlichen Gespräch gegenseitig zu überzeugen versuchen. Am Schluss werden die Gruppen ausgezählt.

Der Ausgang der ersten Vorwahlen hat traditionell eine große Bedeutung. Die Aufmerksamkeit der Medien richtet sich mehrere Monate lang überproportional auf den Wahlkampf in diesen Staaten. Dementsprechend konzentrieren die meisten Kandidaten vor allem dort ihre Finanzmittel und ihre Zeit. Im Vordergrund steht in dieser Phase nicht die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, sondern die Diskreditierung der gefährlichsten Mitbewerber aus der eigenen Partei. Da die inhaltlichen Differenzen zwischen den Konkurrenten zumeist nicht groß sind, wirft man sich gegenseitig in erster Linie mangelnde politische Erfahrung und Inkompetenz, Unaufrichtigkeit und Unverlässlichkeit sowie gern auch private "Sünden" wie Drogenkonsum und uneheliche Kinder vor.

Die jüngsten Prognosen in Iowa sehen bei den Demokraten Hillary Clinton und Barack Obama Kopf an Kopf. Nach einer Umfrage liegt Obama sieben Prozentpunkte vor Clinton (32 zu 25 Prozent), nach einer anderen zwei Prozentpunkte hinter ihr (31 zu 33 Prozent). Der dritte relevante Bewerber, John Edwards, käme auf 24 oder 22 Prozent. Interessant auch für die kommenden Vorwahlen ist, dass Obama bei zwei Fragen, die den Wählern besonders wichtig sind, klar vor Clinton liegt: "Wer kann die notwendigen Veränderungen herbeiführen?" und "Wer ist fähig, das Land zu einigen?". Clinton führt hingegen bei Erfahrung und Führungskompetenz sowie bei der Frage "Wer ist am besten geeignet, die Präsidentenwahl zu gewinnen?". Die Umfragen zeigen außerdem, dass Obama bei den Wählerinnen und Wählern unter 35 Jahren sehr weit vor Clinton liegt. Die Präferenz für Obama steigt außerdem mit der schulischen und universitären Bildung. In Großstädten schneidet er deutlich besser ab als auf dem Land und in Kleinstädten.

Da Obama auch bei den Umfragen in New Hampshire, wo am 8. Januar die nächste Vorwahl stattfindet, führt, wäre eine Niederlage in Iowa für Clinton ein schlechtes Vorzeichen. Andererseits liegt sie landesweit in den Prognosen immer noch deutlich vor ihrem Konkurrenten, auch wenn dieser schon seit einigen Monaten im Aufschwung ist. Nach bisherigen Berechnungen würde Clinton die Vorwahlen in 33 Staaten sicher gewinnen, darunter mit Kalifornien, New York und Florida die drei bevölkerungsreichsten.

Bei den Republikanern wird es in Iowa voraussichtlich eine sehr knappe Entscheidung zwischen Mitt Romney und Mike Huckabee geben. Dieser hatte zu Beginn des Wahlkampfs als so gut wie aussichtslos gegolten, hat aber in den letzten Monaten von Umfrage zu Umfrage zugelegt. Der baptische Prediger Huckabee kommt offenbar bei der wichtigsten Unterstützergruppe der Republikaner, den Evangelikalen, erheblich besser an als der Mormone Romney.

Rudy Giuliani, der frühere Bürgermeister von New York, landesweit immer noch der aussichtsreichste der republikanischen Bewerber, wird laut Umfragen in Iowa nur auf 5 bis 8 Prozent kommen. Zusammen mit dem prognostizierten schlechten Abschneiden in New Hampshire könnte das die seit einiger Zeit zu beobachtende Talfahrt Giulianis beschleunigen. Als vierter der republikanischen Bewerber ist auch John McCain noch nicht aus dem Rennen. In Iowa werden ihm nur 10 bis 13 Prozent vorausgesagt, aber die nächste Vorwahl in New Hampshire könnte er gewinnen.

Außenpolitisch sind die Unterschiede zwischen allen Bewerbern, die eine gewisse Aussicht auf Erfolg haben, sehr gering. Das gilt vor allem für den aggressiven Kurs im Nahen und mittleren Osten. Am ehesten steht noch der Demokrat John Edwards für Veränderungen. Er war 2002 gemeinsam mit Senator Joe Lieberman in seiner Partei ein Vorkämpfer für den Irakkrieg, hat seine damalige Haltung jedoch drei Jahre später einer Selbstkritik unterzogen. Auch Edwards ist aber nicht bereit, eine Garantie abzugeben, dass er als Präsident bis zum Ende seiner Amtszeit, das heißt Januar 2013, wirklich alle amerikanischen Truppen aus dem Irak abziehen würde. Außerdem liegt er in den Umfragen landesweit so deutlich hinter Clinton und Obama, dass er kaum Chancen hat.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 3. Januar 2008

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