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US-Angriffe gegen Pakistan gehen weiter

Die USA haben am Mittwoch erneut mit einem unbemannten Flugzeug ein Dorf in den sogenannten Stammesgebieten Nordwestpakistans, nahe der Grenze zu Afghanistan, angegriffen. Es war bereits der zwölfte Luftüberfall in diesem Jahr.

Wenige Stunden zuvor hatte Generalstabschef Michael Mullen bei einem Besuch in Islamabad versichert, die USA würden künftig die Souveränität Pakistans respektieren. Die US-Regierung wollte mit der kurzfristig angesetzten Reise Mullens der wachsenden Kritik in allen Kreisen Pakistans an den aggressiven Militäraktionen begegnen. Der pakistanische Armeechef Aschfaq Parvez Kajani hatte am 10. September angekündigt, dass künftig jedes illegale Eindringen in pakistanisches Territorium zu Lande oder in der Luft mit Waffengewalt verhindert werden soll. In der Nacht zum Montag war nach Augenzeugenberichten erstmals ein US-amerikanisches Landeunternehmen mit Hubschraubern von pakistanischen Soldaten und örtlichen Stammeskriegern abgewehrt worden.

Bei dem Luftüberfall am Mittwoch wurden vier Raketen auf ein Haus in einem Dorf nahe der Kleinstadt Angur Adda in Südwasiristan abgefeuert. Nach unterschiedlichen Berichten wurden sechs oder sieben Menschen getötet und drei weitere verletzt. Laut Angaben der pakistanischen Behörden befand sich unter den Opfern „niemand von Bedeutung“. Das Haus habe Anhängern von Maulvi Nazir gehört, der eine regierungsfreundliche bewaffnete Gruppe kommandiert. Außenminister Schah Mahmud Qureschi erklärte am Donnerstag, die pakistanische Regierung sei von Washington nicht über den Angriff informiert worden.

Ebenfalls in der Nähe von Angur Adda hatte am 3. September erstmals ein US-amerikanisches Kommando-Unternehmen stattgefunden, bei dem zwei Dutzend Mann einer Spezialeinheit ein Massaker anrichteten. Mindestens 20 Bewohner wurden erschossen. Die Untersuchung hat inzwischen ergeben, wie Armeesprecher Generalmajor Athar Abbas am Mittwoch bekannt gab, dass alle Opfer Zivilisten waren. „Das waren LKW-Fahrer, örtliche Händler und ihre Familien.“- Die Regierung in Washington behauptet hingegen, dass ihr ein großer Schlag gegen Al Qaida und die Taliban gelungen sei.

Die USA haben ihre illegalen Angriffe auf pakistanisches Territorium auffallend gesteigert, seit ihr Günstling und williger Vollstrecker, der autoritär herrschende General Parvez Muscharraf, im Februar seine Macht an eine frei gewählte Regierung verlor. Der politische Zweck dieser militärisch völlig sinnlosen Nadelstiche gegen Pakistans Souveränität und gegen die Glaubwürdigkeit der ersten demokratischen Regierung nach neun Jahren Militärdiktatur bleibt unklar. Möglicherweise geht es dabei vor allem um den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Vielleicht aber auch um die bewusste Destabilisierung Pakistans.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 19. September 2008