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Streit geht weiter

Pakistanische Öffentlichkeit beobachtet US-Infiltration mit Misstrauen

Präsident Barack Obama hat am Donnerstag das umstrittene Kerry-Lugar-Gesetz unterzeichnet, das die US-amerikanische Finanzhilfe für Pakistan in den nächsten fünf Jahren regelt. Für die Regierungen in Washington und Islamabad ist das Thema damit zufriedenstellend erledigt und vom Tisch. Indessen hält die Verärgerung in der Bevölkerung, im Parlament und in den Streitkräften Pakistans unvermindert an.

Das Kerry-Lugar-Gesetz sieht vor, dass Pakistan im kommenden Jahrfünft insgesamt 7,5 Milliarden für zivile Projekte wie Schulen, Universitäten und Krankenhäuser erhalten soll. Es regelt darüber hinaus, dass Pakistan künftig keine „sicherheitsbezogene“ Unterstützung mehr erhalten soll, sofern das US-Außenministerium nicht ausdrücklich attestiert, dass eine Reihe von Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehört die Ausdehnung des Bürgerkriegs gegen örtliche Aufständische auf das gesamte Land, insbesondere die Provinzen Balutschistan und Pundschab, ebenso wie verklausulierte Vorschriften, die in Pakistan als Versuch der USA interpretiert werden, Kontrolle über die Atomwaffen des Landes zu gewinnen.

Aber auch die im Gesetz vorgesehene zivile Finanzhilfe, die angeblich an keinerlei Bedingungen geknüpft ist, stößt bei vielen Pakistanis auf Misstrauen und Ärger. Die Gelder sollen unter Umgehung der pakistanischen Behörden von der amerikanischen Botschaft in Islamabad an verschiedene „Entwicklungsprojekte“ verteilt werden. Um das zu organisieren und um die Verwendung der Mittel fortlaufend zu überwachen, will die Botschaft 300 bis 400 neue Mitarbeiter einstellen. Aus pakistanischer Sicht handelt es sich dabei um eine Methode, hunderte zusätzlicher Spione ins Land zu schleusen, die mit diplomatischer Immunität und anderen Sonderrechten ausgestattet sind.

Mit der angeblich zur Kontrolle der Finanzhilfe erforderlichen Personalaufstockung wird ein massiver Ausbau der Botschaft und die Ausdehnung des umgebenden Geländes begründet. Die veranschlagten Baukosten betragen 736 Millionen Dollar. Das entspricht fast genau dem Betrag, den die USA für den Bau ihrer schwer befestigten Superbotschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad ausgegeben haben.

Gleichzeitig will die US-Regierung auch ihr Konsulat in Peschawar erweitern. Dort wurde für diesen Zweck bereits das Fünf-Sterne-Hotel Pearl Continental angekauft. Peschawar ist die Hauptstadt der Nordwestprovinz und liegt mitten in der Bürgerkriegszone. Viele Pakistanis befürchten, dass die USA dort in Wirklichkeit einen CIA-Stützpunkt errichten wollen.

Mit dem Ausbau der Botschaft in Islamabad geht auch eine Verstärkung der US-amerikanischen „Sicherheitsmaßnahmen“ einher. In Pakistan kursieren Gerüchte, dass in diesem Zusammenhang 1000 Marines und zahlreiche Geheimdienstleute in der Hauptstadt stationiert werden sollen. US-Diplomaten dementieren und behaupten, zum Schutz des Botschaftsgeländes würden ausschließlich einheimische Kräfte eingesetzt. Tatsächlich hat Botschaft für diese Aufgabe die US-amerikanische Sicherheitsfirma DynCorp angeheuert, die ihrerseits mit dem pakistanischen Unternehmen Inter-Risk zusammenarbeitet. Gegen dieses richteten sich in letzter Zeit zwei Polizeiaktionen, bei denen große Mengen illegal eingeschleuster schwerer Waffen beschlagnahmt wurden. Die Ausrüstung sei eher für Spezialkommandos angemessen gewesen als für ein Wachunternehmen, kommentierte die pakistanische Polizei.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 17. Oktober 2009