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Schwarzer Moslem im Weißen Haus
Weniger als die Hälfte der US-Amerikaner hält Obama für einen Christen. Außenministerin Clinton beteiligt sich an der Demontage des Präsidenten.
18 Prozent der US-Amerikaner halten einer aktuellen Umfrage zufolge ihren Präsidenten für einen Moslem. Nur 34 Prozent wissen, dass Barack Obama Christ ist. Die größte Gruppe, 43 Prozent, gab an, Obamas Religionszugehörigkeit nicht zu kennen. Veranstaltet wurde die Untersuchung vom Pew Research Center zwischen 21. Juli und 5. August, also noch bevor Obama wegen seiner Stellungnahme zum geplanten Bau eines moslemischen Religionszentrums in Manhattan schwer unter Beschuss geriet.
Wenig erstaunlich ist, dass der Anteil derjenigen, die den „ersten schwarzen Präsidenten der USA“ zum Moslem erklären, unter den Gegnern seiner Politik am größten ist. 31 Prozent der Republikaner-Anhänger und 29 Prozent der oft extrem weit rechts stehenden weißen Evangelikalen äußerten sich in diesem Sinn, während nur 27 Prozent beider Gruppen in Obama einen Christen sehen. Aber sogar unter den Anhängern der Demokraten sind nur weniger als die Hälfte, 46 Prozent, dieser Ansicht.
Bemerkenswert ist, dass seit dem Amtsantritt Obamas in allen Bevölkerungsgruppen der Irrglaube, er sei Moslem, stark zugenommen hat. Insgesamt waren davon Anfang 2009 erst 10 Prozent überzeugt. Damals waren noch rund 50 Prozent der Meinung, Obama sei Christ.
Aufschlussreich ist auch, dass 60 Prozent derjenigen, die zu wissen meinen, dass Obama Moslem ist, sich auf Medienberichte beriefen. Offenbar zeigt die vereinte Hetzkampagne von Republikanern, Neokonservativen und Pro-Israel-Lobby, die den Präsidenten als Gegner Israels verteufeln und ihm vorwerfen, er mache den Moslems zu viele Zugeständnisse, Wirkung.
Ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte das Magazin Time Umfrage-Ergebnisse, wonach fast ein Drittel der US-Amerikaner dafür sind, Moslems vom Präsidentenamt auszuschließen. Nach dieser Untersuchung halten sogar 24 Prozent Obama für einen Moslem.
Indessen scheint auch Außenministerin Hillary Clinton zielstrebig und offen an der Demontage des Präsidenten zu arbeiten. Bezeichnend ist dafür ein Vorfall aus jüngster Zeit. Obama hatte am 4. August bei einem Treffen mit ausgewählten Journalisten über seine Iran-Politik gesprochen. Insgesamt enthielten seine Ausführungen nicht viel Neues. Zwei Sätze stachen jedoch heraus: „Es ist sehr wichtig, dass man den Iranern ein klares Paket von Schritten vorlegt, die wir für ausreichend halten würden, um zu zeigen, dass sie nicht nach Atomwaffen streben. Sie müssen wissen, wozu sie 'ja' sagen können.“
Damit hatte Obama ein eindeutiges Defizit der bisherigen Vorgehensweise im Atomstreit benannt. Am 6. August wurde Clinton während einer telefonischen Pressekonferenz gefragt, ob die Regierung dem Iran bereits eine Liste gewünschter Schritte übergeben habe. Sie behauptete daraufhin, in offensichtlichem Widerspruch zu Obama, die jetzige Regierung habe „vom allerersten Tag an“ ihre Forderungen an Iran ganz deutlich gemacht. Als Nachfragen kamen, versteifte sich die Außenministerin immer mehr auf ihre Position und warf mit inhaltlosen Formeln wie „sie müssen ihre Politik ändern“, „sie müssen ihr Verhalten ändern“, „wir haben Iran eine starke Botschaft geschickt“ und „wir haben die Wahl verdeutlicht, mit der Iran konfrontiert ist“ um sich. Schließlich verkündete sie kategorisch: „Sie wissen, was sie zu tun haben. Sie müssen der internationalen Gemeinschaft durch Worte und Taten Gewissheit geben, was das Ziel ihres Atomprogramms ist.“
US-amerikanische Medien haben in letzter Zeit Spekulationen über eine Umgestaltung der Regierung veröffentlicht. Angeblich gibt es Pläne, dass Hillary Clinton in den 2012 anstehenden Präsidentenwahlkampf als Obamas Vize gehen soll. Das würde sie andererseits von der Außenpolitik abziehen, in der sie bisher vorwiegend durch Querschüsse und Alleingänge aufgefallen ist. Das State Department könnte dann der jetzige Vizepräsident Joseph Biden übernehmen.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 21. August 2010