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Russland warnt vor NATO-Übungen in Georgien
Am heutigen Mittwoch beginnen in Georgien NATO-Übungen, die bis zum 1. Juni dauern sollen. Geprobt wird nach offiziellen Angaben eine vom atlantischen Bündnis geführte Militärintervention, die durch ein fiktives UNO-Mandat legitimiert ist. Hauptsächlich werden die Übungen auf dem Stützpunktgelände Vaziani stattfinden, das 20 Kilometer von der Hauptstadt Tbilissi entfernt liegt. Nach der ursprünglichen Planung sollten sich rund 1300 Soldaten und Offiziere aus 20 Staaten, darunter auch mehrere Nicht-Mitglieder der NATO, beteiligen. Inzwischen haben sich Kasachstan, Serbien und Moldowa mit Rücksicht auf die Proteste Russlands zurückgezogen, während die postsowjetischen Staaten Armenien und Aserbaidschan an ihrer Beteiligung festhalten.
Russische Politiker haben das Stattfinden der Übungen, neun Monate nach dem Augustkrieg, scharf kritisiert. Präsident Dmitri Medwedew sprach von einer „offenen Provokation“. „Wenn ein Militärblock Übungen in der Nähe jener Gebiete durchführt, wo erst kürzlich hochgradige Spannungen bestanden haben und die Lage immer noch schwierig ist, besteht das Risiko verschiedener Arten von Komplikationen.“ Die Manöver würden von der georgischen Regierung als Ermutigung zur Wiederaufrüstung verstanden. „Diejenigen, die die Entscheidung getroffen haben, diese Übungen durchzuführen, werden die Verantwortung für die negativen Konsequenzen tragen.“ Die Wiederaufnahme voller Kontakte zwischen Russland und der NATO werde dadurch „nicht gerade erleichtert“. – NATO-Sprecher verschanzen sich hinter dem Hinweis, dass die Militärübungen schon im Frühjahr 2008 beschlossen worden seien.
Ein weiterer Streitpunkt sind die Verträge über Zusammenarbeit beim Grenzschutz, die Russland am 30. April mit Abchasien und Südossetien geschlossen hat. Die beiden Republiken gehörten in der Sowjet-Ära zu Georgien. Aufgrund der Abkommen werden sich russische Truppen am Schutz ihrer Grenzen beteiligen. Die USA und die EU behaupten, sachlich nicht überzeugend, Russland verstoße damit gegen die Waffenstillstands-Vereinbarungen vom 12. August und 8. September vorigen Jahres.
Unterdessen werfen die NATO-Manöver auch schon Schatten auf den innenpolitischen Kampf zwischen der georgischen Regierung und der Opposition, die seit dem 9. April vor dem Parlament und an anderen Punkten von Tbilissi für den Rücktritt von Präsident Michail Saakaschwili demonstriert. Die Führer des Oppositionsbündnisses haben angekündigt, dass ab Freitag die wichtigsten Autobahnen des Landes blockiert werden sollen. Der christdemokratische Abgeordnete Giorgi Targamadse hat dieses Vorhaben als „kontraproduktiv“ verurteilt, da es die NATO-Manöver behindern könnte, die von „strategischer Bedeutung“ für Georgien seien.
Die Opposition will den Blockade-Beginn mit einem auf 72 Stunden befristeten Ultimatum an Saakaschwili verbinden. Falls er in dieser Zeit nicht zurücktritt, sollen die Aktionen weiter gesteigert werden.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 6. Mai 2009