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Rückkehr des Think Tanks

Trump soll die NATO "great again" machen und auf Anti-Russland-Kurs halten.

Mit dem Amtsantritt von Donald Trump ist die Heritage Foundation nach acht Jahren erzwungener Abwesenheit an die Macht zurückgekehrt. Der 43. Präsident der USA, George W. Bush, hatte eng mit dem konservativen Think Tank zusammengearbeitet, der sogar unter den entsprechenden Partnern der Republikaner ungewöhnlich weit rechts steht. Außenpolitisch vertritt die Heritage Foundation eine besonders aggressive Linie, deren Säulen die Behandlung Russlands als Hauptfeind der USA und hohe Investitionen in die Ausrüstung der Streitkräfte sind. Für Bush entwickelte das Unternehmen die Grundzüge der Kriege in Afghanistan und im Irak, samt deren propagandistischer Rechtfertigung.

Grundsätzlich bezeichnet die Heritage Foundation sich als unabhängig von den beiden Kongressparteien. Seine „Analysen“, die stark von Interessen gefärbt und in wesentlichen Behauptungen fragwürdig sind, veröffentlicht das Institut in allgemein zugänglicher Form. Die Papiere, deren Verfasserkreis klein ist, enthalten in der Regel konkret und knapp formulierte Empfehlungen sowohl an die Regierung als auch an den Kongress. Es ist zu vermuten, dass die jeweilige Administration, sofern sie an einer Kooperation interessiert ist, neben den veröffentlichten Texten auch vertrauliche, noch weiter in praktische Einzelheiten gehende Handlungsvorschläge erhält.

Trump hat sich für mindestens zwei wichtige Reden, die er während des Wahlkampfs hielt, in großem Umfang auf Material der Heritage Foundation gestützt und diese Tatsache ausdrücklich hervorgehoben. Das war zum einen der wirtschaftspolitische Vortrag, den der Kandidat am 8. August 2016 in Detroit vorm dortigen Economic Club hielt. Titel: „An American First Economic Plan. Winning The Global Competition”. Trump berief sich dabei auf statistisches Material des Instituts zur Energiewirtschaft. Am 7. September 2016 übernahm er für eine Rede in Philadelphia weitgehend die konkreten Forderungen der Heritage Foundation nach einer personellen Verstärkung der US-Streitkräfte und ihrer Ausstattung mit mehr Kriegsschiffen, Kampfflugzeugen, Raketen und anderen Waffen.

Die Organisierung der Übergangsphase vom Wahlsieg Trumps bis zu seiner Amtsübernahme lag, Presseberichten zufolge, weitgehend in der Hand von Mitarbeitern des konservativen Think Tanks. Dazu gehört auch die Personalauswahl: Neu zu besetzen sind nicht nur die Spitzenpositionen im Kabinett in den Geheimdiensten und in der Diplomatie, sondern auch rund 5.000 Stellen im Regierungsapparat.

Der 45. Präsident der USA ist seitens der Heritage Foundation mit veröffentlichten Vorschlägen zu zentralen Themen der Außenpolitik konfrontiert, die seinen bisher geäußerten An- und Absichten entgegengesetzt sind. Am schwerwiegendsten könnte das für Trumps Russland-Politik werden. Während er, wenn auch in allgemeiner und unverbindlicher Form den Wunsch bekundet hat, mit Moskau „gut auszukommen“, will ihn die Foundation auf das klassische Feindbild festlegen. Solange Wladimir Putin an der Macht bleibe, könne Russland kein vertrauenswürdiger Partner werden. Trump solle die Sanktionen beibehalten, Vereinbarungen auf dem Gebiet der Atomwaffen kündigen und Russland generell „einen hohen Preis zahlen lassen“. Dazu gehören auch Waffenlieferungen an die Ukraine.

Während Trump einige Male einfließen ließ, dass er die westliche Militärallianz für „obsolet“ halte, fordert die Heritage Foundation ihn auf, die NATO „great again“ zu machen. Zwar sei es richtig, von den europäischen Mitgliedstaaten höhere Rüstungsausgaben zu fordern. Falsch sei aber, wie Trump es getan hat, an dieser Frage das Bündnis in Frage zu stellen. Eckpfeiler der NATO sei das Festhalten am Artikel 5, der die gesamte Allianz zum Eingreifen verpflichtet, wenn eines ihrer Mitglieder angegriffen wird. Eher gefallen wird Trump vermutlich die Empfehlung des Instituts, die Aufgaben der NATO auf die Territorialverteidigung zu beschränken und für Militäreinsätze außerhalb des Bündnisgebiets jeweils „Koalitionen der Willigen“ zu bilden.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 23. Januar 2017