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Perfektes Timing

Das Abgeordnetenhaus der USA erschwert Verhandlungen mit Iran durch Verschärfung des Wirtschaftskriegs.

Vier Tage vor der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rouhani hat das Abgeordnetenhaus der USA am Mittwoch ein Sanktionsgesetz verabschiedet, das schon am 27. Februar eingebracht worden war, also anscheinend monatelang nicht als besonders dringend galt. Offenbar sollte jetzt genau zu diesem Zeitpunkt ein massives Signal gegen Rouhani gesetzt werden, der im Wahlkampf angekündigt hatte, dass er eine Neuorientierung der Außenpolitik und eine einvernehmliche Lösung des internationalen Streits um das iranische Atomprogramm anstrebt.

Die Abstimmung im Abgeordnetenhaus verlief mit 400 gegen 20 Stimmen bei 15 Enthaltungen erstaunlich glatt. Immerhin war gerade erst am 19. Juli ein von 131 Parlamentariern unterzeichneter Brief an Präsident Barack Obama veröffentlicht worden, aus dem eine andere Tendenz zu sprechen schien. Der Diplomatie müsse nach dem Präsidentenwechsel in Teheran eine neue Chance mit genügend Zeit gegeben werden hieß es da. Und: Die USA sollten in dieser Übergangssituation Schritte vermeiden, durch die Rouhani „delegitimiert“ und die Vertreter härterer Positionen gestärkt werden könnten.

Damit der Nuclear Iran Prevention Act, wie der offizielle Kurztitel lautet, wirklich Gesetzeskraft erlangen kann, muss allerdings zuvor der Senat darüber beraten und einer gemeinsamen Vorlage beider Häuser des Kongresses zustimmen. Das wird voraussichtlich aber erst frühestens im September, nach der Sommerpause, passieren. Bis Obama das Gesetz unterzeichnet, kann es Oktober werden.

Ein zentraler Punkt der vom Abgeordnetenhaus verlangten neuen Sanktionen ist eine nochmalige scharfe Reduzierung der iranischen Erdölexporte. Der Tagesdurchschnittt der Ausfuhr soll innerhalb eines Jahres um mindestens eine Million Barrel gesenkt werden. Laut westlichen Statistiken exportierte Iran schon 2012 nur noch rund 1,5 Millionen Barrel täglich, verglichen mit 2,5 Millionen Barrel im Jahr zuvor. Der Jahresbericht der OPEC gibt den iranischen Erdölexport für 2012 allerdings mit 2,1 Millionen Barrel pro Tag an und verzeichnet eine erhebliche Steigerung der Ausfuhr in asiatische Länder von 1,39 Millionen (2011) auf 1,84 Millionen Barrel pro Tag.

Die Senkung des iranischen Ölexports um mindestens eine Millionen Barrel pro Tag soll dem Nuclear Iran Prevention Act zufolge durch verstärkten Druck auf die Käufer iranischen Öls, also hauptsächlich China, Indien, Japan, Südkorea und die Türkei, erreicht werden.

Daneben droht das Gesetz auch mit verstärkten Strafmaßnahmen gegen Unternehmen und Länder, die mit Iran immer noch Handel treiben oder auch nur bei legalen finanziellen Transaktionen zur Abwicklung von Im- und Exportgeschäften mitwirken. Gegenüber der EU und deren Mitgliedstaaten soll Obama durchsetzen, dass „Irans Zugang zur Euro-Währung beschränkt wird“. Andere Abschnitte verlangen vom Präsidenten, dass er dem Kongress spätestens am 30. Januar 2014 und danach alljährlich eine „nationale Strategie“ zur militärischen und propagandistischen Bekämpfung Irans vorlegt. 

Das Gesetz verlangt zudem verschärfte Strafmaßnahmen gegen eine immer länger werdende Liste von Personen und Institutionen, denen pauschal die Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen im Iran und im Ausland, Zensur und „die Zweckentfremdung von Lebensmitteln, Medikamenten, medizinischen Geräten sowie landwirtschaftlichen und anderen Gütern, die für das Volk Irans bestimmt sind“, vorgeworfen wird.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 2. August 2013