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Obama: Keinen Krieg wirklich beendet, mehrere neu angefangen

Eine historische Lebensleistung ist Barack Obama jetzt schon sicher: „Am 20. Januar werde ich der erste Präsident der Vereinigten Staaten, der zwei volle Amtsperioden während einer Kriegszeit absolviert hat.“ – So sprach der 44. Präsident der USA am 6. Dezember vergangenen Jahres vor Soldaten auf dem MacDill-Luftwaffenstützpunkt in Tampa, Florida. Das offizielle Transkript der Rede vermerkt nach diesem Satz „Applaus“.

Das ist eine seltsame Hinterlassenschaft für ein Staatsoberhaupt, das nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war. Vor ihm waren schon die US-Präsidenten Theodore Roosevelt 1906 und Thomas Woodrow Wilson 1919 geehrt worden. Obama ist aber der erste Träger des seit 1901 verliehenen Preises, der ihn nicht für eine praktische Leistung, sondern auf Vorschuss erhielt.

Das norwegische Nobel-Komitee, das am 9. Oktober 2009 seine Entscheidung bekannt ab begründete diese mit Obamas „außerordentlichen Bemühungen um die Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völker“. Besonders hervorgehoben wurde seine „Vision einer Welt ohne Atomwaffen“. Gemeint war damit nicht wesentlich mehr als eine Rede, die Obama am 5. April 2009 in Prag gehalten hatte. Er versprach dort, „die Rolle der Nuklearwaffen in unserer nationalen Sicherheitsstrategie einzuschränken“, was jedoch bis heute nicht einmal ansatzweise geschehen ist.

Obama kündigte in der tschechischen Hauptstadt außerdem an, beim US-Kongress „sofort und energisch“ auf die Ratifizierung des 1996 von der UN-Vollversammlung beschlossenen Abkommens zur vollständigen Beendigung aller Atomwaffentests (CTBT) zu dringen. Derzeit haben 166 Staaten den Vertrag ratifiziert, aber die USA sind immer noch nicht darunter. Das ist letztlich nicht Obamas Schuld, aber große Anstrengungen zur Durchsetzung seines Versprechens hat er auch nicht unternommen. Sein Nachfolger Donald Trump ist nun mit der Forderung rechter Think Tanks konfrontiert, im Zuge der anstehenden „Modernisierung“ des US-amerikanischen Atomwaffenarsenals die Tests wieder aufnehmen zu lassen. Die Gesamtkosten werden auf rund eine Billion Dollar im Laufe der nächsten 20 oder 30 Jahre geschätzt. Das hätte, sofern es nicht zu einer Einigung vor allem mit Russland kommt, eine neue Runde des Wettrüstens zur Folge.

Trump hat sich während des Wahlkampfs das Ziel einer “Modernisierung” der Atomwaffen grundsätzlich zu eigen gemacht, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Am 22.Dezember 2016 twitterte er, dass die USA „ihre nukleare Kapazität im großen Umfang stärken und ausweiten“ müssten, „bis zu einer Zeit, wo die Welt in Bezug auf die Atomwaffen zu Verstand kommt“. In einem Gespräch mit der britischen Times und der deutschen Bild, das am Montag veröffentlicht wurde, verband Trump eine Aufhebung oder Lockerung der 2014 verhängten Sanktionen gegen Russland mit der Möglichkeit einer Einigung über eine „substantielle“ Verringerung der Atomwaffen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte dazu am Dienstag während einer Pressekonferenz in Moskau, er sehe zwar keine Verbindung zwischen diesem Thema und den Sanktionen, aber Russland sei an einem Dialog mit der Trump-Administration über „strategische Stabilität, einschließlich der Atomwaffen“ sehr interessiert. Konkret nannte Lawrow Waffen mit Überschallgeschwindigkeit, die Stationierung eines US-amerikanischen Systems zur Raketenabwehr in Osteuropa, Waffen im Weltraum und nukleare Tests.

Trump eilt der Ruf voraus, die Beziehungen der USA zu Russland, die von Obamas während seiner zweiten Amtszeit auf einen Tiefpunkt geführt wurden, wesentlich verbessern zu wollen. Sachlich kann sich diese Annahme nicht auf mehr stützen, als wenige inhaltsarme Sätze des exzentrischen Milliardärs, von denen Pädagogen meinen, sie seien auf dem Niveau eines Fünftklässlers formuliert: Er wolle „mit Russland gut auskommen“ und „gute Deals abschließen“.

Das allein sollte aus Trump jedoch noch keinen Hoffnungsträger machen, bevor er auch nur den geringsten praktischen Beweis von gutem Willen, strategischem Verständniss und diplomatischen Fähigkeiten geliefert hat. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass Obama zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2009 sehr viel konkretere und weitergehende Ankündigungen zur Wiederherstellung und Intensivierung der Beziehungen zwischen Washington und Moskau geäußert hatte. Unter Obamas Vorgänger George W. Bush waren diese in eine Krise geraten, nachdem Georgien im August 2008 die Republik Südossetien überfallen hatte und russische Streitkräfte zu deren Schutz in die Kämpfe eingriffen.

Am 7. Februar 2009 brachte Obamas Vizepräsident Joseph Biden während der Münchner Sicherheitskonferenz zum ersten Mal das Stichwort „Reset“, Neustart, mit Bezug auf das Verhältnis zwischen den USA und Russland ins Gespräch. Am 6. März 2009 überreichte Außenministerin Hillary Clinton ihren Kollegen Lawrow bei einem Treffen in Genf einen großen roten „Reset-Knopf“ aus Plastik als Symbol der Wiederannäherung. Im Juli desselben Jahres reiste Obama nach Moskau und hielt dort vor Studenten einer privaten Eliteuniversität eine seiner „großen“ Reden, die wie üblich voller Phrasen und Verheißungen war.

Während dieses Besuchs kam aber auch ein erstes praktisches Ergebnis der neuen Zusammenarbeit zustande: Die russische Regierung willigte ein, den Transport von Nachschub für den NATO-Krieg in Afghanistan auf dem Landweg über ihr Territorium zuzulassen. Später erlaubte die russische Regierung auch Lufttransporte und bot den USA im Juni 2012, als die zwischenstaatlichen Beziehungen schon wieder auf der absteigenden Bahn waren, sogar die Benutzung eines Luftstützpunktes an. Der reale Umfang dieser Kooperation war jedoch gering, da es für die USA sehr viel billiger war, die Nachschubgüter per Schiffe zum pakistanischen Hafen Karatschi und von dort aus mit LKWs nach Afghanistan zu bringen. Der entscheidende Vorteil der Vereinbarung für Washington war ein größerer politischer Spielraum gegenüber Pakistan, das nach mehreren militärischen Übergriffen der USA zeitweise den Landweg für den Kriegsnachschub unterbrochen hatte. Insofern kann man sagen, dass Russland damals die Rolle eines Streikbrechers übernahm.

Der spektakulärste Erfolg der „Reset“-Politik war die Unterzeichnung des amerikanisch-russischen „Neuen START-Abkommens“ am 8. April 2010 in Prag, wo Obama drei Jahre zuvor die „Welt ohne Atomwaffen“ beschworen hatte. Der nun unterzeichnete Vertrag beschränkte die Zahl der einsatzbereiten strategischen Sprengköpfe beider Seiten auf jeweils 1.550. Diese Reduzierung muss allerdings erst bis zum 5. Februar 2018 verwirklicht werden. Die Prager Einigung löste ein Übergangsabkommen, SORT genannt, ab, das Bush und Putin am 24. Mai 2002 in Moskau unterschrieben hatten. Die Abkürzung stand für „Strategic Offensive Reductions Treaty“. Schon dieser Vertrag hatte die Zahl der strategischen Sprengköpfe auf 1.700 bis 2.200 begrenzt. SORT wäre jedoch am Jahresende 2012 ausgelaufen, falls vorher kein neuer Vertrag geschlossen worden wäre. Das „Neue START-Abkommen“ gilt noch bis zum 5. Februar 2021, mit der Option auf eine Verlängerung bis 2026.

Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten begannen sich zu verschlechtern, nachdem Russland gemeinsam mit China am 17. März 2011 durch Stimmenthaltung die Annahme der Resolution 1973 im UN-Sicherheitsrat ermöglicht hatte. Die USA und ihre NATO-Verbündeten legten das gegen den Wortlaut als Freibrief für eine Militärintervention in Libyen aus. Daraufhin spielten Moskau und Bejing nicht mehr mit, als sich der Westen kurz darauf mit demselben Trick auch die Duldung eines direkten Eingreifens in Syrien verschaffen wollten. Am 4. Oktober 2011 legten Russland und China im UN-Sicherheitsrat erstmals ihr Veto gegen eine von der EU eingebrachte Syrien-Resolution ein.

Übel vermerkt wurde in Moskau auch die offene Einmischung der USA in die russische Parlamentswahl vom 4. Dezember 2011. In der russischen Hauptstadt gab es eine Reihe von Protestdemonstrationen mit ungewöhnlich vielen Teilnehmern, wie sie seit Jahren nicht mehr stattgefunden hatten. Begründet wurden sie mit angeblichen Wahlfälschungen. An der Organisierung maßgeblich beteiligt waren „liberale“ prowestliche Gruppen, die aus dem Haushalt des US-Außenministeriums subventioniert wurden. Das lief zum Teil über die Parteistiftungen der Republikaner und Demokraten, die überwiegend vom State Department finanziert werden.

Zum definitiven Wendepunkt in den Beziehungen zwischen beiden Staaten wurde schließlich die Rückkehr Putins ins Präsidentenamt am 7. Mai 2012. Eine seiner ersten Handlungen gegenüber den USA bestand darin, am 20. September 2012 das Moskauer Büro von USAID schließen zu lassen und deren Tätigkeit in Russland zu verbieten. Zur Begründung dieser Maßnahme verwies das russische Außenministerium auf die Vergabe von Geld- und Sachgeschenken zur Beeinflussung der russischen Innenpolitik, einschließlich der Wahlen. USAID – die Abkürzung steht für United States Agency for International Development – ist eine Regierungsbehörde, die dem US-Außenministerium untersteht. Im letzten Jahr vor der Schließung verfügte das Moskauer Büro nach offiziellen Angaben über 50 Millionen Dollar. 60 Prozent davon waren als „Unterstützung von Demokratie und Zivilgesellschaft“ deklariert und flossen direkt an regierungsfeindliche Gruppen und Personen.

Die nächste Verschärfung des Verhältnisses zwischen den USA und Russland erfolgte mit dem „Magnitsky Act“, der vom Kongress beschlossen wurde und durch Obamas Unterschrift am 14. Dezember 2012 in Kraft trat. Das Gesetz bedroht Russen, denen die US-Regierung Menschenrechtsverletzungen vorwirft, mit Einreiseverbot und Beschlagnahmung ihrer Auslandsvermögen. Als Reaktion verabschiedete das russische Parlament im Februar 2013 ein Gesetz, das Staatsfunktionären und Managern von Staatsbetrieben verbietet, ausländische Bankguthaben, Aktien und Wertpapiere zu besitzen. Das Gesetz soll auch dazu dienen, illegale Kapitalverschiebungen zu verhindern oder einzuschränken.

Eine weitere, noch umfangreichere Runde westlicher Sanktionen folgte auf die Rückkehr der Krim in den russischen Staatsverband am 18. März 2014 und die bewaffnete Konfrontation in Teilen der östlichen Ukraine. Trump hat während des Wahlkampfs sein Interesse an einer Normalisierung der Beziehungen zu Russland bekundet. Allerdings geschah das in so oberflächlichen und unverbindlichen Sätzen, dass Schlussfolgerungen auf seine wirklichen Absichten nicht zu ziehen sind.

Hinzu kommt Trumps Neigung, seine Aussagen schnell und radikal in ihr Gegenteil zu verkehren, wenn sich aufgrund von Ereignissen seine Stimmung ändert. Im März 2014 hatte Trump in Telefoninterviews mit den Sendern Fox News und CNN die Verhängung von Sanktionen befürwortet und sich darüber beschwert, dass Obamas Politik gegen Russland nicht hart genug sei. „Wir müssen Stärke zeigen“, polterte er damals. Zugleich solidarisierte Trump sich mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten von 2012, Mitt Romney, der Russland als „geopolitischen Feind Nummer 1“ der USA bezeichnet hatte. Den gleichen Standpunkt vertritt übrigens auch General James N. Mattis, den Trump zum Verteidigungsminister seines ersten Kabinetts machen willen. Romney war zeitweise als Außenminister im Gespräch.

Obamas schlimmste Hinterlassenschaft neben der Zerstörung der Beziehungen zu Russland ist die fast weltweite Ausdehnung des von seinem Vorgänger George W. Bush begonnenen „Kriegs gegen den Terror“ sowie die Destabilisierung und Verwüstung weiterer Länder. Obama übernahm zu Beginn seiner Amtszeit im Januar 2009 zwei Kriegsschauplätze in Afghanistan und im Irak. In beiden Ländern herrscht immer noch Krieg. Zusammengerechnet sind dort 16.000 US-Soldaten stationiert, die in Afghanistan auch Kampfeinsätze am Boden und aus der Luft durchführen.

Drei neue Kriegsschauplätze hat Obama während seiner Amtszeit hinzugefügt: Libyen, Syrien und Jemen. In Libyen endete die Militärintervention der NATO im Oktober 2011 mit der Ermordung des Staatsführers Muammar al-Gaddafi. Mehr als fünf Jahre später hat das Land immer noch keine Zentralregierung, sondern zerfällt in die Machtbereiche rivalisierender und sich bekämpfender Milizen.

In Syrien finanzieren und bewaffnen Saudi-Arabien und andere Ölmonarchien der arabischen Halbinsel sowie zumindest zeitweise auch die USA fundamentalistische Organisationen zum Sturz der Regierung von Baschar al-Assad. Daneben führen die USA in Syrien und im Irak einen intensiven Luftkrieg gegen den „Islamischen Staat“ und „Al-Kaida“. Die New York Times berichtete am 5. Januar, dass Obama im vergangenen Jahr auf die beiden Länder jeweils rund 12.100 Bomben abwerfen ließ. Das war gegenüber 2015 eine Steigerung um mehr als 10 Prozent. Afghanistan folgt mit 1.350 Bomben erst in weitem Abstand.

Im Jemen beteiligen sich Saudi-Arabien und seine Verbündeten seit März 2015 vor allem mit Luftangriffen, aber zunehmend auch mit Bodentruppen am Bürgerkrieg. Die USA unterstützen sie unter anderem mit der Lieferung von Erkenntnissen der militärischen Aufklärung und dem Auftanken von Kampfflugzeugen in der Luft, wodurch ihre Einsatzzeit verlängert wird. Hinzu kommen Waffenlieferungen an die arabischen Monarchien, die noch nie zuvor so umfangreich waren wie unter Obama.

Obwohl der Friedensnobelpreisträger die verheerende Interventionsstrategie seines Vorgängers massiv gesteigert hat, wenn auch mit sehr viel weniger eigenen Soldaten und zu einem Bruchteil der früheren Kosten, wird er für viele US-Amerikaner als ein schwacher Präsident in Erinnerung bleiben, der die globale Führungsrolle der Supermacht beschädigt und einen Wiederaufstieg Russlands ermöglicht hat. Vor allem wird ihm vermutlich vorgehalten werden, dass er im Sommer 2013 seine Drohungen, militärisch gegen die syrische Regierung vorzugehen, nicht verwirklichte.

Auch Obamas theatralische Ankündigung einer „neuen Strategie“ gegenüber China Anfang 2012 blieb auf dem Papier. In den nächsten Jahren sollten 60 Prozent der US-amerikanischen Marine im Pazifik und im Indischen Ozean stationiert werden, hieß es damals. Diese Verschiebung des Schwergewichts der Streitkräfte sollte bis etwa 2020 abgeschlossen sein. Von der damals angeordneten generellen Kürzung aller Staatsausgaben, die auch den Haushalt des Pentagon einschloss, sollten die zur Einkreisung Chinas eingesetzten Kräfte ausgenommen bleiben. Trump beklagt, dass dies nicht geschehen sei, dass der chinesischen „Expansion“ zu viel Spielraum gelassen worden sei, und dass als Reaktion darauf eine Verunsicherung vieler Verbündeter in Ost- und Südostasien eingetreten sei. Unter anderem versprach er während des Wahlkampfs den Bau zahlreicher neuer Kriegsschiffe und eine „Modernisierung“ der Flotte insgesamt, die unter Obama auf den geringsten Umfang seit dem ersten Weltkrieg „geschrumpft“ worden sei.

Von der Luftwaffe der USA behauptet Obamas Nachfolger sogar, sie sei „die kleinste in der Geschichte“ der USA und ihre Flugzeuge seien „die ältesten“. Wie vieles, was Trump als angebliche Tatsachen anführt, hat auch das mit der Realität nichts zu tun. Was jedoch als Kern des unqualifizierten Geredes bleibt, ist für die kommenden Jahre die Aussicht auf die umfangreichsten Rüstungsanstrengungen der USA seit Ronald Reagan. Auch dessen Motto, „Frieden durch Stärke“, hat Trump sich schon zu eigen gemacht. Reagan leitete unter dieser Parole in den 1980er Jahren ein Wettrüsten ein, an dessen Ende der Zusammenbruch der Sowjetunion stand.

Manchen Linken, die sich mehr von Hoffnungen als von Fakten leiten lassen, gilt Trump als Anti-Interventionist. In Wirklichkeit hat er im Wahlkampf und in den Wochen nach seinem Sieg lediglich die grundsätzlich widersprüchlichen Vorwürfe gegen Obama, dieser sei erstens ein kriegslüsterner Abenteurer und zweitens ein schwacher Präsident, der von der militärischen Stärke der USA keinen angemessenen Gebrauch gemacht habe, geschickt miteinander zu mischen und sie im Gleichgewicht zu halten versucht.

„Wir werden aufhören, fremde Regimes zu stürzen, über die wir nichts wissen und mit denen wir uns nicht in Verwicklungen bringen lassen sollten“, versprach Trump am 6. Dezember vergangenen Jahres während einer Kundgebung seiner Anhänger in der Nähe des Stützpunkts Fort Bragg, einem Zentrum von Auslandseinsätzen in aller Welt. Schluss müsse sein mit einer Politik „von Intervention und Chaos“. Zugleich kündigte der nächste Präsident der USA dort aber auch an: „Unser Schwerpunkt muss stattdessen darauf liegen, den Terrorismus zu besiegen und den ‚Islamischen Staat’ zu zerstören.“

Gerade das ist aber die Begründung für die meisten derzeit laufenden Militäreinsätze und Kriegsbeteiligungen der USA. Trump hat zwar generell die Interventionsstrategie seines Vorgängers immer wieder scharf verurteilt und ihm dabei demagogisch auch noch die Schuld an den Kriegen in Afghanistan und im Irak zugeschoben, für die der republikanische Präsident George W. Bush verantwortlich war. Trump hat es aber sorgfältig vermieden, zu irgendeinem der gegenwärtigen Kriegsschauplätze und Militäreinsätze der USA eine Absichtserklärung abzugeben. Einzige nicht sehr konkret ausgeführte Ausnahme: Trump strebt zur Beendigung des Krieges in Syrien eine Zusammenarbeit mit Russland an.  Ansonsten hat er nur angekündigt, er wolle sich gleich in den ersten Wochen seiner Amtszeit einen detaillierten Plan zur schnellen und durchschlagenden Verstärkung des Kampfes gegen den „Islamischen Staat“ und andere Terrororganisationen vorlegen lassen. Nach einer Abkehr vom Erbe seines Vorgängers sieht das nicht aus. Selten hat die Welt hinsichtlich der wirklichen Absichten eines Präsidenten der Vereinigten Staaten so vollständig im Dunkeln getappt wie in diesem Fall.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 20. Januar 2017