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Neue Desinformationskampagne gegen Iran.

Verschärfung der Sanktionen droht.

Eine dritte Sanktionsresolution des UN-Sicherheitsrats gegen Iran steht offenbar kurz bevor. Die fünf ständigen Mitglieder des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen - China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA - trafen sich am Montag im Außenministerium in Washington, um ihre nächsten Schritte zu beraten. Wie üblich nahmen auch deutsche Vertreter an dem Treffen teil. In der Sache selbst gab es nichts Neues zu besprechen, da sich die "5 plus 1" schon im Januar auf einen gemeinsamen Resolutionsentwurf geeinigt hatten. In leicht veränderter Form wurde dieser am Donnerstag voriger Woche von Frankreich und Großbritannien in den Sicherheitsrat eingebracht.

Mit ihrem Vorgehen demonstrierten die "5 plus 1", dass der erst am Freitag vorgelegte Bericht des Generaldirektors der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, von vornherein keine Bedeutung für sie haben würde. Iran und die IAEA hatten sich im Sommer 2007 auf einen Zeitplan für die Beantwortung aller noch offenen Fragen zur Entwicklungsgeschichte des iranischen Atomprogramms geeinigt. Mit diesen Fragen hatte die IAEA im Jahr 2003 ihre Forderung an den Iran begründet, bis zur Klärung als freiwillige vertrauensbildende Maßnahme alle Arbeiten an der Urananreicherung zu unterbrechen. Inzwischen hat sich diese Forderung aber so weit verselbstständigt, dass Iran durch Strafmaßnahmen gezwungen werden soll, ein zeitlich unbegrenztes Moratorium als Voraussetzung für Verhandlungen zu akzeptieren - und zwar völlig unabhängig vom Ergebnis des Klärungsprozesses.

Der am Freitag voriger Woche vorgelegte Bericht ElBaradeis bezeichnet sämtliche früher offenen Fragen, mit denen ursprünglich das Misstrauen gegen Iran begründet wurde, als abgeschlossen: In allen Punkten stimmten die iranischen Erläuterungen mit den Erkenntnissen der IAEA überein oder widersprächen ihnen zumindest nicht. Einzige Ausnahme: von den USA und nicht genannten anderen Staaten gelieferte Dokumente, die angeblich auf Arbeiten an der Atomwaffenentwicklung hindeuten. "Das ist eine Angelegenheit von ernsthafter Bedeutung, die für die Einschätzung einer möglichen militärischen Dimension des iranischen Atomprogramms entscheidend ist", heißt es im Bericht.

Die meisten der hier angesprochenen Behauptungen beziehen sich auf ein angeblich aus dem Iran herausgeschmuggeltes Laptop, das sich im Besitz der US-Regierung befinden soll. Obwohl das "Beweisstück" schon im Sommer 2004 in den USA gelandet sein soll, machte Washington der IAEA erst ein Jahr später Mitteilung davon. Und selbst dann blieben die Informationen bruchstückhaft. Erst im Januar und Februar machte die US-Regierung der Atombehörde einige der "Dokumente" zugänglich, verbunden mit sehr strikten Vorschriften, was davon der iranischen Seite vorgelegt werden durfte.

Iran sollte also sehr kurzfristig zu Vorwürfen Stellung nehmen, die ihm nur zum kleineren Teil überhaupt präsentiert wurden. Aus ElBaradeis Bericht geht hervor, dass darüber erstmals am 27.-28. Januar und am 3.-5. Februar gesprochen wurde. Iran bezeichnet die angeblichen Dokumente als Fälschungen. Genauere Stellungnahmen zu Einzelheiten stehen noch aus.

Otfried Nassauer, Direktor des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, stellte schon im Februar 2006 fest: "Seit 2003, seit der Streit mit Iran intensiviert wird, ist es regelmäßig so, dass in den letzten zehn bis 14 Tagen vor entscheidenden Stzungen der Wiener Atombehörde kurzfristig nicht zu be- oder widerlegende neue Verdächtigungen gegen Iran über Diplomaten oder Medien gestreut werden."

So auch diesmal: Am Montag präsentierte der zuständige Bereichsleiter der IAEA, Olli Heinonen, den Diplomaten der 35 Staaten, die im Vorstand der Behörde vertreten sind, in geschlossener Sitzung ganz neue Vorwürfe gegen Iran aus unbekannten Quellen.

Im Sicherheitsrat widersetzen sich noch Südafrika, Indonesien, Libyen und Vietnam der von den "5 plus 1" angestrebten Resolution. Letztlich gilt eine Mehrheit als unproblematisch gesichert. Die ständigen Ratsmitglieder streben aber einstimmige Annahme an und könnten deshalb zu kleineren Konzessionen bereit sein.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 27. Februar 2008