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Leichte Nervosität

Israel-Botschaft der USA befindet sich immer noch in Tel Aviv.

Die von Donald Trump versprochene Verlegung der US-Botschaft in Israel nach Jerusalem verzögert sich. Der neue Präsident ist zwar erst seit fünf Tagen im Amt, aber in den Kommentaren der israelischen Medien zeichnet sich schon leichte Nervosität ab. Erstens hört man dort grundsätzlich schnell „das Gras wachsen“ und macht sich gern öffentlich Sorgen. Und zweitens wäre der exzentrische Milliardär nicht der erste US-Präsident, der im Wahlkampf den Umzug der Botschaft in Israels international nicht anerkannte Hauptstadt ankündigte, aber nach seinem Amtsantritt andere Prioritäten setzte.

Juristisch scheint der Fall auf den ersten Blick klar geregelt: Der US-Kongress hat schon 1995 ein Gesetz beschlossen, das den Präsidenten verpflichtet, die Verlegung anzuordnen. Aber wie viele Gesetze, die die Außenpolitik der USA beeinflussen könnten, enthält auch dieses einen Notausgang: Der Amtsinhaber kann entscheiden, dass übergeordnete „nationale Interessen“ gegen den sofortigen Vollzug sprechen. Ein entsprechender „waiver“ muss alle sechs Monate erneuert werden. Das Wort kann mit „Verzichtserklärung“ oder „Außerkraftsetzung“ übersetzt werden.

Barack Obamas letzter „waiver“ wurde im Dezember 2016 unterzeichnet und währt noch bis zum Juni. Zwar sagte Trumps Pressesprecher Sean Spicer am Montag, dass der neue Präsident die Verlegung trotzdem jederzeit durch eine „executive order“ veranlassen könne. Das klingt plausibel, aber unter US-amerikanischen Juristen scheint darüber ein Rest an Unsicherheit zu herrschen.

Gegenwärtig hat kein einziger Staat der Welt seine Israel-Botschaft in Jerusalem. Auch Costa Rica und El Salvador, die zeitweise eine Ausnahme machten, haben ihre Vertretung nach Tel Aviv verlegt. Diese internationale Rechtslage geht auf den Teilungsvorschlag der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 zurück. Er sah auf dem Gebiet des britischen Völkerbundmandats Palästina die Schaffung eines arabischen und eines jüdischen Staates vor. Jerusalem sollte davon ausgenommen sein und einen eigenen, nicht sonderlich genau definierten Status bekommen. In diesem Sinn betrachtet die UNO Jerusalem immer noch als „besondere politische Einheit“ – im Juristenlatein: „corpus separatum“ - und nicht als Teil Israels. Das könnte nur durch israelisch-palästinensische Verhandlungen geändert werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass Israel seit dem Junikrieg 1967 auch Ostjerusalem besetzt hält, das bis dahin zu Jordanien gehörte, und diesen Teil der Stadt im Juli 1980 trotz Protesten der UNO auch offiziell annektierte. Seither gilt ganz Jerusalem, einschließlich eines immer weiter in die besetzte palästinensische Westbank hineinragenden Gürtels von Vorstädten und Siedlungen, nach israelischem Recht als „vereinte Hauptstadt“, die „ewig ungeteilt“ zu bleiben habe.

Die tatsächliche Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem würde auf jeden Fall mehrere Monate in Anspruch nehmen. Das allein bräuchte Trump aber nicht zu hindern, eine entsprechende Anordnung schon jetzt zu unterschreiben. Offenbar will er aber das erste Zusammentreffen mit Premier Benjamin Netanjahu abwarten, dessen Antrittsbesuch in Washington im Februar stattfinden soll, ohne dass schon ein genaues Datum feststeht. Die Rede war am Montag außerdem von Anhörungen im Kongress, die zuvor abgehalten werden sollen.

Nicht auszuschließen ist auch, dass Trump über „Ungeschicklichkeiten“ auf israelischer Seite verärgert ist. Dort scheinen manche Politiker vom unbegrenzten Wohlwollens des neuen Präsidenten so sicher überzeugt zu sein, dass sie Rücksichtnahme auf die USA für überflüssig halten. Am Sonntag hob Netanjahus Regierung Baubeschränkungen im arabischen Teil Ostjerusalems auf. Israelische Medien zitierten in diesem Zusammenhang aus einer internen Erklärung: „Die Bautätigkeit in den jüdischen Vierteln Ostjerusalems bedarf keiner Koordinierung mehr. Wir können bauen, wo wir wollen und so viel wir wollen.“

Knut Mellenthin

Junge Welt, 25. Januar 2017