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Kriegshetzer Perle fällt noch tiefer
Richard Perle, der Chefideologe der amerikanischen Neokonservativen, hat sich aus dem Defense Policy Board, einer hochrangig besetzten Beraterrunde des Pentagon, der er 17 Jahre lang angehört hatte, zurückgezogen. Im März vorigen Jahres hatte Perle schon den Vorsitz des Gremiums niederlegen müssen, nachdem er bei der allzu hemmungslosen Vermengung seiner politischen Funktion mit persönlichen Finanzinteressen ertappt worden war.
Seinen jetzigen Rückzug aus dem Defense Policy Board, der nicht offiziell bekannt gegeben wurde, sondern nur durch eine Indiskretion durchsickerte, begründete Perle in einem Brief an Verteidigungsminister Donald Rumsfeld damit, dass er im Wahljahr mit seinen "kontroversen" Ansichten keine Belastung für den Präsidenten darstellen wolle. Das gelte besonders nach Veröffentlichung seines Buches "An End to Evil: How to Win the War on Terror". Er wolle sich mit seinem Rückzug auch die Freiheit bewahren, seine Ansichten weiter zu verkünden, ohne dass diese in den Präsidentschafts-Wahlkampf hineingezogen werden könnten.
Perles Begründung erscheint zum jetzigen Zeitpunkt, zwei Monate nach Veröffentlichung seines Buches, kaum glaubwürdig. Zumindest ist nach den Umständen zu vermuten, dass ihm die Entscheidung von Regierungsseite sehr eindringlich "nahegelegt" worden ist, um weitere Beschädigungen durch Perles unberechenbare politische Amokläufe und das Gestrüpp seiner Finanzskandale zu vermeiden.
Perles Name war zuletzt vor allem in Zusammenhang mit den aufgeflogenen Betrügereien von Conrad Black, dem inzwischen geschassten Chef des Medienimperiums Hollinger, genannt worden. Black wird vorgeworfen, dem Unternehmen mehrere hundert Millionen Dollar zum eigenen Nutzen entzogen zu haben. Perle ist mit Black persönlich und politisch seit Jahren befreundet, gehört (ebenso wie u.a. Henry Kissinger) seit 1994 dem Hollinger-Vorstand an, bezieht außerdem ein Gehalt als Vorsitzender des Unternehmenszweiges Hollinger Digital Inc. Black hatte, wie in den letzten Monaten bekannt wurde, Firmengelder in Unternehmen investiert, an denen Perle und Kissinger maßgeblich beteiligt sind.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 2. März 2004