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Koreanische Diplomatie
Die DVRK diskutiert mit Moskau und Peking, sucht aber auch das direkte Gespräch mit Washington.
Nordkorea setzt seine diplomatische Offensive fort. Am Donnerstag führte der Erste Stellvertretende Außenminister der Demokratischen Volksrepublik, Kim Kye Gwan, Gespräche in Moskau. Der 70jährige Spitzendiplomat hatte zuvor schon vom 18. bis 21. Juni Peking besucht. Seine Partner in der russischen Hauptstadt waren die stellvertretenden Außenminister Wladimir Titow und Igor Morgulow. Im Mittelpunkt des Treffen stand internationale Streit um das nordkoreanische Atomprogramm. Kim ist Chefunterhändler der DVRK seines Landes in den seit 2009 unterbrochenen Sechsergesprächen, an denen neben den beiden koreanischen Staaten auch Russland, China, die USA und Japan beteiligt sind. In der Vergangenheit hat er auch schon Verhandlungen mit den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton über die Freilassung amerikanischer Bürger geführt, die in der DVRK festgenommen worden waren.
Bei seinem Besuch in Peking vor zwei Wochen hatte Kim betont, dass es das Vermächtnis der früheren Staats- und Parteichefs Kim Il Sung und Kim Jong Il, die koreanische Halbinsel von Atomwaffen frei zu machen. Die DVRK setze auf eine friedliche Lösung der Streitigkeiten durch Dialog und sei zu direkten zweiseitigen Kontakten mit allen Betroffenen ebenso wie zu einer Wiederaufnahme der Sechsergespräche, bereit. Das Gleiche hat er nun wahrscheinlich auch in Moskau vorgetragen; öffentlich äußerte er sich dazu nicht. Die DVRK bemüht sich vor allem, Russland und China dafür zu gewinnen, sich noch stärker für eine Wiederaufnahme der Sechsergespräche einzusetzen, die von den USA und Südkorea verweigert wird.
Aus außenpolitischen Kreisen der russischen Hauptstadt war schon Anfang April zu hören, dass die nordkoreanische Regierung daran interessiert sei, von der zeitweiligen Zuspitzung der gegenseitigen Polemik herunterzukommen und sich verstärkt um diplomatische Kontakte bemühen werde. Die Wende sei nach den Feiern zum 100. Jahrestag der Geburt von Kim Il Sung am 15. April zu erwarten. Als positives Signal wurde in Moskau die Rückkehr von Pak Pong Ju ins Amt des Premierministers am 1. April gewertet. Pak hatte die Regierung der DVRK schon einmal von 2003 bis 2007 geführt. Der 73jährige wird in Russland und China als „pragmatischer“, Reformen nicht abgeneigter Wirtschaftsfachmann mit einem großen Erfahrungshintergrund geschätzt. Wenige Tage vor der Wiederernennung Paks hatte das Zentralkomitee der Arbeiterpartei Koreas auf seinem „historischen Märzplenum“ als „neue strategische Linie“ beschlossen, „den Wirtschaftsaufbau und die Schaffung nuklearer Streitkräfte gleichzeitig zu betreiben“. Nach Lage der Dinge steht hinter dieser Formulierung die Absicht, die ökonomischen Faktoren stärker als bisher zu bewerten.
Auch gegenüber den USA hat Nordkorea seine diplomatischen Aktivitäten verstärkt. Am 16. Juni veröffentlichte der Nationale Verteidigungsausschuss, faktisch das höchste Gremium der DVRK, eine Gesprächseinladung an die US-Regierung. Diskutiert werden könne über alle beiderseitig interessierenden Fragen , einschließlich des von Präsident Barack Obama proklamierten Ziel eines „Welt ohne Atomwaffen“, hieß es in der Stellungnahme. Die USA könnten Ort und Zeitpunkt eines Treffens bestimmen. Die DRVR halte am Ziel der „Entnuklearisierung“ der koreanischen Halbinsel fest. Allerdings erfordere das auch Maßnahmen der USA, die rund um Nordkorea Atomwaffen bereithalten und Pläne für deren Einsatz haben.
Die US-Regierung reagierte mit Stellungnahmen mehrerer Sprecher, dass sie zu „glaubwürdigen“ Verhandlungen bereit sei. Das setzte jedoch „ernsthafte“, nicht konkret bezeichnete „erste Schritte“ Nordkoreas zur „Erfüllung seiner Verpflichtungen“ und zur Befolgung des Resolutionen des UN-Sicherheitsrats voraus.
Am Donnerstag hat Südkorea der DVRK Gespräche „auf Arbeitsebene“ zur Wiederaufnahme der Produktion in der gemeinsam betriebenen Industriezone von Kaesong vorgeschlagen. 53.000 nordkoreanische Arbeiterinnen und Arbeiter sind dort seit 2004 für 120 Unternehmen aus dem Süden tätig. Nordkorea hatte die Zone im April geschlossen. Zuletzt war vor drei Wochen ein Treffen „auf Regierungsebene“ vereinbart, dass aber kurzfristig abgesagt wurde, weil man sich nicht auf die Zusammensetzung der Delegationen einigen konnte.
Pjöngjang an Washington
Aus dem Gesprächsangebot der DVRK an die USA vom 16. Juni 2013
(…) Wir stellen vor der Welt noch einmal fest, dass die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel der unveränderliche Wille und Entschluss der Armee und des Volkes der DVRK ist.
Die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel ist ein Vermächtnis von Präsident Kim Il Sung und Generalsekretär Kim Jong Il und eine politische Aufgabe, die Partei, Staat, Armee und Volk der DVRK unbedingt erfüllen müssen.
Die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel bedeutet nicht nur „Demontage der Atomwaffen des Nordens“. Sie erfordert die Entnuklearisierung der gesamten Halbinsel einschließlich Südkoreas und hat zum Ziel, die atomaren Drohungen der USA gegen die DVRK vollständig zu beenden.
Dass die DVRK Atomwaffen besitzt, ist eine strategische Option zu ihrer Selbstverteidigung. Der legitime Status der DVRK als Atomwaffenstaat bleibt unerschütterlich erhalten, gleich ob andere ihn anerkennen oder nicht, bis die ganze Halbinsel entnuklearisiert ist und die atomaren Bedrohungen von außen endgültig beendet sind.
Deshalb sollten die USA mit ihren atomaren Drohungen und Erpressungen und mit allen Formen von Provokationen einschließlich der „Sanktionen“ gegen die DVRK aufhören, bevor sie von dieser verlangen, sie müsse als Voraussetzung für die Eröffnung eines Dialogs zuerst die Ehrlichkeit ihres Willens zur Entnuklearisierung zeigen.
Wir schlagen Gespräche auf hoher Ebene zwischen den Regierungen der DVRK und der USA vor, um die Spannungen auf der Halbinsel zu entschärfen und Frieden und Sicherheit in der Region zu gewährleisten.
Wenn die USA dazu wirklich bereit sind, sollten sie für Gespräche und Kontakte keine Vorbedingungen stellen.
Im Rahmen der Gespräche können breite und gründliche Diskussionen über die Entschärfung der militärischen Spannungen, die Ersetzung des Waffenstillstands durch ein Friedensabkommen und andere Themen von beiderseitigem Interesse, einschließlich der von den USA vorgeschlagenen Errichtung einer „Welt ohne Atomwaffen“, geführt werden.
Die USA können Ort und Zeitpunkt der Gespräche nach Belieben festlegen. (…)
(Übersetzung: Knut Mellenthin)
Knut Mellenthin
Junge Welt, 4. Juli 2013