Funktionen für die Darstellung
Seitenpfad
Koordinierte Regierungsstrategie
USA steigern militärischen Druck auf Iran. Clinton droht China wegen Sanktionsverweigerung.
In einem ungewohnten Gleichklang meldeten Washington Post und New York Times am Wochenende die Stationierung US-amerikanischer Waffensysteme in mehreren Staaten der arabischen Halbinsel. Angeblich sollen sie der Abschreckung und Abwehr gegen iranische Reaktionen auf Militärschläge der USA oder Israels gelten. Da die Berichte beider großen Tageszeitungen neben bekannten älteren Informationen ausschließlich Aussagen von anonym bleibenden „Regierungsbeamten“ enthielten, ist von einer konzertierten Propaganda-Aktion auszugehen, die von staatlichen Stellen ausgelöst wurde. Was die New York Times am Sonntag über die amerikanischen Aufrüstungsmaßnahmen am Golf schrieb, gilt auch für die Artikel der beiden Blätter: „Sie scheinen Teil einer koordinierten Regierungsstrategie zur Steigerung des Drucks auf Iran zu sein.“
Der New York Times zufolge sind die USA dabei, Raketenabwehr-Systeme in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Kuwait zu stationieren. Oman, wo eine starke schiitische Minderheit lebt und das sich um gute Beziehungen zum Iran bemüht, sei bisher vergeblich von der US-Regierung bedrängt worden, ebenfalls solche Waffen anzunehmen. Saudi-Arabien schließlich verfüge bereits über ein eigenes Abwehrsystem.
Die Meldungen vom Wochenende ergänzen eine Mitteilung von David H. Petraeus, dem Chef des für die Region zuständigen US Central Command. Der General hatte bei einem Vortrag am 22. Januar erwähnt, dass in vier Staaten der arabischen Halbinsel jeweils zwei Patriot-Batterien stationiert werden sollen. Sie dienen in erster Linie zur Abwehr von Kurzstrecken-Raketen. Um welchen Staaten es sich handelt, hatte Petraeus nicht gesagt.
Der General berichtete darüber hinaus, dass die USA jetzt ständig Patrouillen im Persischen Golf fahren, bei denen Kreuzer eingesetzt werden, die mit dem Aegis-Kampfsystem ausgerüstet sind. Mit solchen Raketen schoss ein amerikanisches Kriegsschiff am 3. Juli 1988 während des Golfkriegs eine iranische Linienmaschine ab; alle 290 Menschen an Bord wurden dabei getötet. Angeblich handelte es sich um ein Versehen.
Zugleich mit dem Aufbau einer militärischen Drohkulisse gegen den Iran verschärft die US-Regierung auch die Polemik gegen China, das die Verabschiedung neuer Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat immer noch blockiert. Während eines Auftritts in der Pariser École Militaire drohte Außenministerin Hillary Clinton am Freitag: „Jetzt, wo wir uns von der Verständigungs-Schiene wegbewegen, die nicht die von einigen erhofften Ergebnisse gebracht hat, und uns auf die Druck- und Sanktionen-Schiene zubewegen, wird China unter eine Menge Druck geraten, damit es die destabilisierenden Auswirkungen anerkennt, die ein atomar bewaffneter Iran am Golf haben würde.“ - Es sei zwar verständlich, dass China wegen seiner engen Wirtschaftsverbindungen mit dem Iran Sanktionen für kontraproduktiv halte, sagte Clinton. Es müsse aber auch „die längerfristigen Auswirkungen“ seiner Haltung bedenken.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 2. Februar 2010